Das ist eine in Teilen harsche Überschrift. Sie werden bald sehen, dass auch hier niemand beleidigt werden soll, noch plumpe Aussagen einfach so stehen gelassen werden. Es geht ja in diesem Blog gerade darum, keine groben Vereinfachungen vorzunehmen — weder in die eine noch in die andere Richtung.
Die aus Perspektive des Autors dieses Blogs verbreiteten Aussagen werden im Folgenden genannt und zu beschreiben versucht, wie fatal, fehlerhaft und oft problematisch diese Sätze bisweilen sind. Oft wird — eben im Sinne dieses Blogs — die jeweilige Kritik aber auch umgehend relativiert: typografisch ersichtlich an einer Klammersetzung. Dabei wird etwa eine eventuelle Teil-Nachvollziehbarkeit beschrieben oder zu zeigen versucht, wie es zu einer solchen Fehleinschätzung kommt/kommen konnte.
»(Lies lieber mal ein Buch!)«,
ist eine beliebte Aussage, die wohl über die Jugend des Autors diese Blogs hinaus, weit vor seiner Geburt Anwendung fand und auch in unserer Gegenwart noch nicht ad acta gelegt wurde. Hinter der Aussage steht regelmäßig der Glaube, ein Buchverweis mache den Sprecher/die Sprecherin intellektuell, impliziert er doch, dass dieselbe Person viel liest oder soll selbiges zumindest andeuten. Denn Bücher — zumindest öffentlich — zu verehren, ist quasi nach Selbstauskunft bildungsnaher Milieus ein Muss; man definiert sich dort nämlich über das Buch, es gilt als Symbol ihrer, gar der Bildung schlechthin!
Das ist natürlich historisch gesehen nicht falsch. Daher die Klammern. Der Buchdruck hat u. a. die Bildung der Menschen, das kritische-freiheitliche Denken gefördert und damit in der westlichen Welt viel verändert. Kritisiert wird hier nur die Überbetonung des Mediums durch die das Medium angeblich Nutzenden: Denn ob nun wirklich gelesen wird, man überhaupt Bücher besitzt — das steht meist auf einem anderen Blatt …
Und wenn das (die Buchverehrung) mal Plato wüsste: Er befürchtetet vor über 2000 Jahren quasi den Untergang der Welt/den Anfang einer »Hirnloswerdung« in Anbetracht der Schrift, wie sich heute manch Schrift- respektive Buchverehrer durch neue Medienformen bedroht fühlen. Wie wir noch im laufenden Text sehen werden, hatte er in Teilen recht, insofern Medien Wechselwirkungen mit ihren Nutzer erzeugen. Sie (die Medien) werden zu Pro- oder Orthesen: Was man sich aufschreiben kann, muss man sich nicht mehr merken, heißt es partiell einleuchtend. Obschon das Mediale so natürlich negativ auslegbar wäre, ließe sich entgegnen, dass in einer immer spezielleres Wissen verlangenden Gesellschaft durch die Auslagerung auch geistige Ressourcen frei werden, sich neuen Herausforderungen zu stellen: indem man eben auch vieles nachschlagen kann.
Warum haben besagte Leute überhaupt Angst? Das hat aus Erfahrung des Autors dieses Blog-Eintrags etwas mit Gewohnheit zu tun — und davor ist niemand gefeit, das ist nichts Ungewöhnliches: Man arrangiert sich in der Welt, hat Vorlieben, Dinge, die einem Sicherheit oder weniger wertend Vertrautheit geben. Das Neue droht oft dieses Bild zu (zer-)stören. Das alles kann ganz unterschiedliche Dimensionen haben — von diesem Alltäglichen (Die Eisdiele um die Ecke ändert ihr Angebot.) bis zur negativ-fatalen, weil radikalen Furcht vor anderen Menschen. Eine gewisse Offenheit gegenüber dem Neuen oder dem Anderen wird aber gewiss, so möchte der Autor dieses Blog-Eintrags behaupten, die Lebensqualität fördern und den Umgang mit einer unumgänglichen Progression erleichtern. »Unumgänglich« ist der Wandel der Welt nämlich schon deshalb, weil wir zum Beispiel unausweichlich älter werden. Es ist also eine Frage, wie man mit seinen Bedürfnissen und dem Neuen/dem Anderen umgeht. Wir können hier nicht im Detail weiter darauf eingehen, sondern den Sachverhalt nur als Gedanken einstreuen …
Schwierig wird die also etwas überschwängliche Buchverehrung — und damit zurück zum Thema —, wenn sie sich mit weiteren kuriosen Vorstellungen mischt:
»Ach, diese Medien … Bücher sind Kultur!«
Mit der selektiven Vorstellung des angeblich jenseits allem (Negativen) stehenden Buches wird ein Missverständnis offenbar, nämlich die Verwechslung des Begriffs »Kultur« mit »Hochkultur«. Vereinfachend ist Kultur ein Zustand. Zu diesem gehört Goethe genauso wie GZSZ, in einem populärkulturellen Sinne vielleicht sogar die Soap in Anbetracht ihrer Reichweite mehr. Hochkultur hingegen ist eine durchaus variierender Kanon/bisweilen gar eine von Wertung durchzogene Mode und damit gar keine wirklich faktisch-wissenschaftliche Größe: So waren Comics — selbst Mickey Mause — lange Zeit ein Tabu, TV-Serie sind es in vielen Gruppen — auf Grund der ja hier beschriebenen Haltung — noch heute. Dann bröckelt das Vorurteil und oft wird recht schnell klar, was für Potentiale im Verschmähten stecken. Bevor wir dazu — zum Potential auch der TV-Serie — kommen, darf im Zusammenhang mit dieser unreflektierten Buchverehrung natürlich ein Klassiker nicht fehlen, nämlich das angebliche »Feindbild« schlechthin:
»(Ich habe keinen Fernseher!)«,
sagen zunächst jene Leute, die tatsächlich kein entsprechendes Gerät besitzen (daher hier eine Klammersetzung): Im Zeitalter von Streamingdiensten reichen Tablett, Smartphone und Computer, um Bewegtmediales zu betrachten.
Wobei schnell übersehen wird, wie ähnlich Video-on-Demond-Dienste dem althergebrachten Fernsehen sind — so findet der unentwegte Fluss der Programme klassischer TV-Geräte eine Entsprechung in der automatischen Weiterleitung auf den jeweiligen Plattformen etc. Und die mit den Streaming-Diensten in den Feuilletons auch verbundene Vorstellung, eine dem anspruchsvollen gewidmeten Sammlung zu werden, löst sich, von Anfang an ankündigend, nun aber deutliche sichtbar, in einer Kanalhaftigkeit auf, die der des Fernsehens nicht unähnlich ist, sich sogar dem alten Studiosystem Hollywoods annähert ≈ Plattformen also, die nicht mehr nur ihre wenigen Eigenproduktionen mit exklusiv lizensierten Content ergänzen/selbigen also erwerben, sondern sich quasi nur noch auf den Content aus eigenem Hause beschränken. So wird Disneys Streamingdienst im Zuge der Marktposition des Konzernz (wesentliche, beinahe die meisten alle großen Franchises zu besitzen) dem Branchenprimus Netflix womöglich arg zusetzten, da Netflix den Content von Disney nicht mehr erwerben wird können … aber das führt hier zu weit.
Dann aber — und damit eben als Klassiker zu beschreiben — dient die Aussage ihren Sprecher*innen regelmäßig dazu, zu betonen, dass man das angeblich verblödende und triviale Medium nicht nutzt, als gebildeter Mensch andere Medien bevorzugt (≈ Radio und natürlich wieder das Buch). Leider lässt sich hier nicht nur eine Furcht vor anderen Medien (Formen die man nicht kennt, die — »wie alle erzählen« — schlecht sein sollen) erkennen, sondern die im Milieu antrainierte/vom Einzelnen aus seinem Umfeld unhinterfragt übernommene Ablehnung der Fernsehens hat womöglich spürbare Konsequenzen: Die fiktionalen Qualitätsformate des TVs/der VoDs ignorierend bleibt das durch sie potentiell mögliche »Training« komplexer Narration aus — eine Komplexität, die helfen würde, auch die reale Welt besser zu verstehen! Game of Thrones als denkbares Lehrstück für die Niederungen menschlichen Daseins und Zusammenlebens …?
Noch krasser:
»Das ist doch Unterschichtenfernsehen!«
Damit soll gesagt werden, dass der oder die SprecherIn besagter Unterschicht natürlich nicht angehört und mehr Bildung aufweist oder zu beschäftigt ist, um »um die Zeit« (etwa am Nachmittag) Fernsehen zu schauen — Ähnliches begegnet uns später noch einmal. Letzteres wäre noch partiell nachvollziehbar (ohne Wertung als »Nicht-Zeit-Haben«), wenn damit nicht so eine deutliche Abwertung verbunden wäre. Wer so über den Dingen zu stehen glaubt, sollte auch mehr Sozialkompetenz beherrschen, möchte man meinen. Insofern ist der Begriff gar keine wirkliche Beschreibung bestimmter Programme oder Menschen, sondern eher ein Indikator, wie wenig Leute, die derartiges sagen, von Kommunikation verstehen: Sie entlarven die eigene Vorstellung ihres eigenen Status — im Versuch andere abzuwerten. Und der bedenkliche Wissensstand zeigt sich auch auf anderen Ebenen: Mag man etwaige Formate auch als minderwertig, als Trash empfinden — etwa auch auf Grund wenig ästhetischer Raffinesse etc. —, so können solche Sendungen auch äußert reizvoll und unterhaltend sein. Tarantino ist als Kreativer sicherlich zum Inbegriff eines (hoch-)kulturell anerkannten Spiels mit Trash geworden.
Das heißt natürlich nicht, das Programm sollte nur aus Trash bestehen — wie mehrfach in diesem Blog-Eintrag gezeigt werden soll, ist aus Sicht des Autors dieses Blogs eine gewisse Ausgewogenheit allerseits sinnvoll. Das heißt gleichsam aber auch, dass kein Trash auch keine Lösung ist bzw. jedes Format seine Reize hat und eine individuelle Überdosis ein und desselben nie gut ist.
Blickt man auf Wikipedia soll der Begriff wenig überraschend auch als Synonym für die Privaten gelten. Hier liegt — durchaus in einer Reihe mit der Buchverehrung — ein habituelles Phänomen vor: »Alle sagen das, schon seit Jahrzenten!« Ob diese Schubladen wirklich zutreffen, ist zu bezweifeln — schon, wenn man sich beiden Free-TV-Konzepten nur kurz widmet: Club der roten Bänder und Deutschland 1983 als Produktionen privater Sender sind in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität als hochwertig zu bezeichnen. Die »schlimmen« Soaps oder div. Doku-Soaps finden sich auch bei den Öffentlich-Rechtlichen.
Bevor es wieder heißt, dass Private hätte die ÖRs verdorben, müssen ein paar Hintergrundinformationen ergänzt werden: Tatsächlich hat sich der Wettbewerb durch die Privaten/mit ihrem Aufkommen in den 1980er Jahren verschärft. Folglich sind auch Formate bei den ÖRs aufgegriffen/eingeführt worden, die vor allem Quote bringen soll(t)en.
So nachvollziehbar diese Anpassung auch ist, so unverständlich ist sie gleichsam: Schließlich machen die Gebühren partiell unabhängig, der gesellschaftliche Auftrag der ÖRs rechtfertig nach wie vor beispielsweise die Übertragung von Randsportarten. Das Abzielen auf große Publika ist zudem bzw. zusätzlich (zumindest auf die ÖRs bezogen) problematisch, weil die Konkurrenz durch die Etablierung der VOD-Anbieter innerhalb der letzten Jahre gewachsen ist und damit einhergehend die tatsächlichen Zuschauerzahlen im Free-TV allgemein abnehmen — obschon die ÖRs immer noch in Relation, also wiederum quotenbezogen, vorne mitspielen. Quotendruck kann die aus den Händen der ÖRs stammende Produktionen, oft eher wenig komplexen Formate wie Bergdoktor und Co., aber ohnehin nicht wirklich begründen — wie gesagt, das meint nicht, dass es solche Formate nicht geben darf und soll. Aber bei den ÖRs kommt es eigentlich — lt. Auftrag — darauf an, eben nicht nur möglichst viele, sondern auch unterschiedliche Menschen anzusprechen. Und dahingehend erscheint das Publikum der ÖRs oft im Schnitt sehr alt.
Noch können wir das Fernsehen nicht hinter uns lassen, denn an den ersten Klassiker schließt sich meist noch ein weiterer an, nämlich dieser hier:
»(Fernsehen (/Computerspiele)? Dafür habe ich keine Zeit!)«
Klar, gerade die komplexen horizontal-erzählenden Serien brauchen viel Zeit und viel Aufmerksamkeit. Nebenbei etwas zu machen, geht dann schlecht, in Bus und Bahn mal eben in diese anspruchsvollen Serien hineinzuschauen, hat Grenzen, als dass man nicht wirklich in den Flow der Geschichten/der dortigen Welten hineinkommt, dem oft dialoglosen, visuellen Erzählen nicht immer gut folgen kann (Wenn auch dieser Aspekt in Teilen durch die höhere Qualität audiovisueller, mobiler Endgeräte kompensiert wird. Und drüber hinaus das Eintauchen, die sogenannte Immersion, ohnehin eine persönliche Größe ist und nicht pauschal beschrieben werden kann — hier mehr zur Immersion.).
Aber nichtdestotrotz soll mit dem Ausruf natürlich nicht selten wertend gesagt werden, »für so etwas (Schlechtes)« habe ich keine Zeit oder daran kein Interesse. Ob auch diese Aussage den tatsächlichen täglichen Gewohnheiten entspricht, ist durchaus anzuzweifeln. Abends haben es wieder Millionen geguckt, am nächsten morgen will’s keiner gesehen haben. Der Erfahrung des Autors dieses Eintrag nach, gibt es für viele Menschen abseits Film, Fernsehen etc. kaum andere Themen — so unbedeutet, wie man den Komplex also in der Abwertung markieren will, scheint er also nicht zu sein. Darauf — auf den Aspekt der »Unterhaltung« — kommen wir noch zurück.
Diese kritischen Anmerkungen beiseite und noch einmal auf das erstgenannte Zitat zurückkommend ist das Buch natürlich nicht — eben nicht einfach das eingangs platzierte Zitat umkehrend — pauschal schlecht. Es hat spezifische Eigenarten, die es für den oder die eine reizvoll machen: eine relativ freie Interpretation, ein haptisches Erlebnis, es kommt (abseits vom E‑Book) ohne Strom aus und lässt sich gut und lange lagern, es kann kunstvoll eine Fusion aus Inhalt und Design (Grafik, Fotographie sowie Typographie und Layout) sein: Kurz gesagt bringt es eine insgesamt spezifische ästhetische Erfahrung hervor. Aber — und darum geht es eben auch in diesem Blog-Eintrag — solch spezifischen Eigenschaften haben auch andere Medien.
Und hinsichtlich des allzu pauschal guten Rufs des Buches: Verglichen mit dem Fernsehen wird pro Tag wohl kaum mehr Hochwertiges gedruckt wie ausgestrahlt — denn Bücher, die in der Kritik durchfallen, sind alles andere als selten. Nichtdestotrotz hinterlässt der Buch-Fetisch natürlich Spuren: Moderne Fernsehserien wie Mad Men, Game of Thrones, The Wire, The Sopranos, Breaking Bad gelten als audiovisuelle Gesellschaftsromane — einmal aus Gründen des Marketings, um »Buchverehrern« entgegen zu kommen; dann tatsächlich, weil sich die Serien wie renommierte Printwerke kritisch-kunstvoll diverser gesellschaftlicher Themen annehmen. Und eben quasi bzw. wie gesagt als Lehrmittel taugen … um mehr über uns und eine oder die Welt zu erfahren.
Die Überbewertung des Buches beruht — über die Verwechslung von Hoch- und Kultur hinaus — auch auf zwei weiteren Missverständnissen, welche bisher in diesem Text einfach ignoriert wurden, aber aus Erfahrung des Autors dieses Blogs durchaus gegenwärtig sind:
»(Kunst! Nicht Medien! Nicht Design!)«,
wird vielfach in diversen Varianten formuliert, um eine Unterscheidung zwischen Bereichen wie Kunst und Design zu schaffen. So wird Kunst als gesellschaftliches System verstanden, welches kritische, ästhetische (≈ das Schöne) und bisweilen (wie etwa hinsichtlich der sogenannten Qualitätsfernsehserien bereits angedeutet) provokante Noten aufweist. Es ist unabhängig und tendenziell nicht kommerziell. Hingegen Medien ja oft das Resultat von Designern zu sein scheinen. Design wiederum ist — so die vorschnelle Annahme — kommerziell orientiert und auf den entsprechenden Erfolg hin konstruiert — etwa durch wissenschaftliche Erkenntnisse (≈ Neuromarketing), Befragen, Datenauswertung, Nutzung bekannter und erfolgversprechender Muster. Einleuchtend, oder?
Etwas komplexer ist es schon: Zunächst ist Kunst historisch gesehen, durchaus oft eine Auftragsarbeit gewesen. Die oben beschriebene freiheitliche Kunst hat es zwar auch in diesem Sinne gegeben — revolutionäre andersartige Darstellungsweisen gerade in Bezug auf die lange Zeit vordergründigen religiösen Motive etwa. Manch kritisch-künstlerische Formen ist wohl aber auch auf Grund ihrer kritischen Sicht nicht wirklich überliefert worden oder findet erst spät und fragmentarisch Würdigung: etwa die reißerischen Graffiti aus antik-römischer Zeit. Und umgekehrt gibt es (auch heute noch) im Galeriewesen ganz im Sinne der vermeintlichen Definition von Design Trends und Moden, nach denen sich Galeristen und oft Künstler richten (müssen), um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Auf der anderen Seite beinhaltet Design — die Definition desselbigen finden Sie weiter unten — durchaus Schönheit und macht künstlerisch-kreative Leistungen unabdingbar, um Individualität (eines Produktes) zu schaffen. Dann hat Design regelmäßig eine Haltung im Sinne der Definition von Kunst — denken Sie etwa an die noch vor einigen Monaten ab und an ausgestrahlten Spots von Coca Cola, die darauf verweisen, dass es mehr positive Suchanfragen im Internet gibt als negative etc.
Die Klammersetzung resultiert aus dem Umstand, dass natülich beide Felder nicht immer deckungsgleich sind, sie durchaus Unterschiede aufweisen: So ist Kunst gegenüber Design »offener« — jeder kann Kunst machen, nicht immer müssen konkrete (über Ausbildung und Studium erlernte) Fähigkeiten künstlerischem Schaffen vorweggehen. Design — auch wenn man (siehe unten) ohne Ausbildung und Studium Designer werden kann — erfordert bisweilen eine höhere Reflexion des eigenen Schaffens, man muss genauer wissen, was man tut, den Sinn und Zweck erkennen, zielgerecht etwas anwenden können.
Problematisch ist das mit der im Zitat zu beobachtenden, und zwar bemüht zu beschreibenden Unterscheidung einhergehende Schubladendenken, welches der Erfahrung des Autors dieses Blogs auch vor manch Wissenschaftenden nicht Halt macht: Das eine gut, das andere schlecht, das eine trivial, das andere tiefgründig, den einen Respekt, den anderen »nur« das Prädikat »Handwerker« — diese Werturteile werden noch mehrfach im Folgenden aufgegriffen und hinterfragt werden müssen. »Unterschichtenfernsehen« wäre so ein Konzept, das vor allem dem Sprecher entlarvt, aber vom Sprechenden sicherlich als Versuch einer Abwertung anderer (und eigenen Aufwertung) und gleichsam als Bemühen, die Welt in schwarz und weiß einzuteilen, eingesetzt wird.
Dann:
»Medien? Hab’ ich nichts am Hut mit — ich lese lieber!«,
ist natürlich eine — wohlwollend — sehr selektive Anmerkung. Selbstverständlich ist das Buch erst einmal ein Medium wie Film, Fernsehen, Radio, das Internet usw. Es ist etwas in der Mitte Befindliches — in der bekanntesten Annahme: zw. Sender oder Autor und Empfänger, vermeintlich dient es dem Transport. Was wiederum zu einer weiteren fraglichen Einschätzung führt:
»(Der Autor ist verantwortlich!)«,
stimmt nur sehr grob, nämlich im Sinne eines Transportes von A nach B: Verbreitet ist ja die Vorstellungen, dass ein Autor oder Sender — die Message — in einer bestimmten Medienform an einen Empfänger übermittelt bzw. übermitteln will. Tatsächlich ist es auch hier etwas komplexer: Denn es bildet sich eine Art von System oder Netzwerk aus, in welchem sich eine Richtung (also die von A nach B) nicht mehr wirklich ausmachen oder von Sender und Empfänger sprechen lässt — zunächst: Alle Medien werden quasi von uns als Leser oder Zuschauer »betreten« und schließlich verlassen. Aber nicht einfach so — Gewalt in einem Medium wird natürlich nicht immer, kann aber in die reale Welt — im Zuge des Verlassens der medialen Welt — übertragen werden:
»(Der hat Computer gespielt und Heavy Metal gehört — kein Wunder!)«
Mit dieser Aussage werden oft schreckliche Taten kommentiert — eine Schrecklichkeit, die hier nicht herabgewürdigt werden darf, oft sind diese Taten unbegreiflich. Sündenböcke können zwar zunächst helfen. Aber bei genauer Betrachtung liefern sie eben oft keine Erklärung. Klar, lässt sich darüber diskutieren bzw. es sollte besprochen werden, was und welche Inhalte für Kinder oder Jugendliche geeignet sind und wo die Grenze zum Beispiel zur Gewaltverherrlichung liegt. Aber immer eine stetige Eins-zu-eins-Übertragung von A nach B anzunehmen, wäre zu einfach. Beide Beispiele haben schließlich Millionen Anhänger — von einem Fall auf den anderen zu schließen wäre also auch ihnen gegenüber ungerecht.
Zudem: Folgte man dieser gerichteten Wirkung, so müsste auch manche Kirchen und dortigen Darstellungen des jüngsten Gerichts, auf Grund deren naturalistischer Drastik, mit Altersbeschränkungen versehen werden.
Aber wie gesagt, die Problematik und Diskussion ist ernst und daher muss ergänzt werden: Bei vorbelasteten Menschen können durch Gewaltdarstellung in Medien (und dazu könnte etwa auch Darstellungen in Kirchen zählen wie Games und Musik) vielleicht entsprechende Tendenzen verstärkt oder einer labilen Person im falschen Moment die falschen Ideen geliefert werden. Es ist also sehr kompliziert und kann hier nicht weiter vertieft werden.
Aus Sicht des Autors dieses Blogs ist es aber oft sinnvoller, folgende Vorstellung von Kommunikation zu verinnerlichen: Es ist (beim »Medienbetreten«), als spielten wir bzw. jeder für sich und doch alle zusammen eine Rolle während der im Betreten erfolgenden Interpretation. Dieses sich ausformende Dritte (zw. Sender und Empfänger) ist eine Fusion/ein gemeinsames und doch individuelles Erlebnis — zusammen mit den Autoren, ggf. den Schauspielern, gar den fiktiven Figuren (die quasi auch ein Eigenleben entwickeln — jeder, der mal etwas geschrieben hat, weiß, dass auch erdachte Personen, trotz der vom Autor definierten Eigenarten, sich der Kontrolle entziehen können), Mitspielern (online) oder anderen Zuschauern (im Austausch über ein Werk) etc. Es sind also viele Faktoren, die das Erlebnis ausmachen — der in diesem Netzwerk teilhabende, einzelne Mensch ist damit nicht pauschal vollends »in Kontrolle«, er/sie/div. ist gleichsam aber auch nicht vollends ausgeliefert!
Damit sind die Autoren natürlich nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Natürlich bleiben sie selbst im skizzierten Netzwerk wesentliche Teilschöpfer und damit negativ (etwa bei Beleidigungen) wie auch positiv (herausragende Werke) verantwortlich. Aber in einem kommunikativen Netzwerk können auch die übrigen Beteiligen eine Verantwortung tragen.
Was meint »können«: Das Sich-aus-der-Verantwortung-Ziehen auf Seiten der Rezipienten hat Grenzen — man kann nicht stetig sagen, »Wir wurden betrogen!« oder »Haben es ja nicht gewusst!«. Selbst im gleichgeschalteten Nationalsozialismus, in dem es also nicht wie heute viele seriöse Medien-Anbieter gab, die sich gegenseitig überprüfen, waren weit über das Umfeld etwaiger Konzentrationslager die dortigen menschenverachtenden Vorkommnisse bekannt. Obschon die Nazi-Medien natürlich nicht darüber berichteten. Alleine schon, weil viele lokale Betriebe als Zulieferer fungierten, kann von Unwissen keine Rede sein.
»Können« meint dann aber auch, dass ein Mobbing-Opfer nicht »selbst schuld ist«. Wie die Person ist und was sie macht, sind zwar vermeintlich Ausgangspunkte vom Mobbing — also Dinge, über die man sich zum Beispiel lustig macht. Auf den ersten Blick also zwar ein Netzwerk, aber — und auch das wird uns noch mehrfach begegnen — mediale oder besser soziale Kompetenzen gelten überall: Gemobbt wird also nicht, weil der oder die so oder so ist, sondern, weil man selbst einen Blitzableiter benötigen zu scheint oder dem Anderen gegenüber Angst (siehe oben) hat! Man nutzt das Netzwerk also im Sinne einer Projektionsfläche!
Machen wir weiter: Zusammengefasst sind das Buch und das Fernsehen bzw. konkrete Werke beider Medien eben auch deswegen nicht per se schlecht, weil sie im Prinzip — abgesehen von ihren distinkten Eigenarten (Papier dort, analoge bis digitale Audiovision hier etc.) — ähnlich funktionieren. Bevor wir diesbezüglich konkreter werden, muss festgehalten werden, dass diese partielle Vergleichbarkeit keine Ermunterung zu einer beliebten Zusammenziehung ist — à la:
»(Das Buch war besser als der Film!)«,
wird regelmäßig reflexartig und/oder aus dem Bauch heraus behauptet: Einerseits soll der Satz zeigen, wie scheinbar souverän man sich eine Meinung bildet und diese kundtut — das ist natürlich im Grunde nichts Verwerfliches, es ist eben eine persönliche Meinung. Daher auch die Klammern, denn sicherlich lässt sich im Prinzip alles mit allem vergleichen. Vergleichen ist ein bisweilen wichtiges Instrument jedes Einzelnen: Vorbilder, abschreckende Beispiele, etwas »so machen wie …« oder »bloß nicht«, es liefert Orientierung, um (schneller) etwas zu begreifen, oft unterbewusst ≈ »das wird bald passieren, weil es an dieser Stelle im Film immer passiert …«.
Übrigens ist die im Zuges des Vergleiches bisweilen auftretende, sehr wertende Komponente auch im Wissenschaftlichen zu beobachten: Die persönliche Präferenz wird regelmäßig mit fundierter Kritik verwechselt. So wird zum Beispiel aus mangelndem Praxis-Wissen heraus vorschnell über die Qualität etwaiger Filme geurteilt.
Der Ausruf soll natürlich andererseits zeigen, dass man die Vorlage gelesen hat, belesen ist und sich ausgehend davon andere Vorstellung gemacht hat gegenüber der nun vorliegenden Interpretation des Werks.
Mit dem Begriff »Interpretation« klärt sich eigentlich schon das Wesentliche und die Fragwürdigkeit der Aussage wird offenbar. Dennoch nähern wir uns allgemeiner: Scheinbar die Aussage unterstreichend lassen sich durch die Menschheitsgeschichte ziehende Erzählweisen beobachten — Formen, die zwar besagte Teilvergleichbarkeit erlauben, aber eben nur partiell: Das Konzept der »Heldenreise« zum Beispiel findet sich in beiden hier bisher fokussierten Medien, also sowohl in TV- als auch Print-Werken. Aber immer in einer medien-spezifischen Ausführung: Die Medien haben nämlich bestimmte Eigenarten, die einen vorschnellen Vergleich wie den im besagten Zitat bedingt sinnvoll machen. Das fängt damit an, dass gewisse Gewohnheiten zu beachten sind — viel mehr als drei Stunden sind im Kino kaum mehr zumutbar, ein Buch kann Tage füllen. Zudem kann eine Buchseite Minuten von Film ergeben, eine Seite im Drehbuch wird so (zur standardisierten Handhabung durch gestalterische Kräfte) formatiert, dass sie ungefähr einer Minute Film entspricht.
Klar und richtig, gerade im Zuge des Booms komplexer Fernsehserien mag diese Grenze schwinden, denn horizontal erzählende Serien werden im Zuge des On-Demand-Abrufs ähnlich lang und individuell rezipierbar wie ein Buch. Doch in Grundzügen bleibt ein Unterschied bestehen. Und wenn auch nur deshalb, weil die Verfilmung eines Buches meist nicht vom Buchautor vorgenommen wird, sondern eine Interpretation eines Drehbuchautors, eines Regisseurs, der Kameraleute, Schauspieler etc. ist — also mindestens eines anderen Kreativen bzw. Künstlers. Daher der oben genannte Verweis auf die »Interpretation« als aussagekräftige Wiederlegung des Zitates.
Noch eine Schnittstelle für eine graduelle (aber nicht im Sinne meinungsbezogener Pauschalisierung taugende) Ähnlichkeit (und Vergleichbarkeit) mehrerer Medien soll hier nicht vorenthalten werden; sie lässt sich zudem nutzen, um eine weitere fragwürdige Beurteilung des Buches und anderen Medien auszuräumen:
»Beim Buch entsteht alles in der Fantasie!«
Gerne wird auf die angeblich unbegrenzte Förderung der Imagination beim Buch verwiesen, weil ja dort keine Visualisierung stattfinde. Nun das mag auf der ersten Blick einleuchten, nicht aber auf den zweiten: Zunächst ist das Buch natürlich auch visuell, obschon sicherlich in einer partiellen Distanz zum Inhalt, als dass Cover und Typographie und Layout gestalterische Größen sind, die den Inhalt etwa durch eine falsche oder zu kleine Schrift versaue®n können und umgekehrt. Dann gibt es im Rahmen der Erzählung natürlich audiovisuelle Vorgaben — bei manchen Autoren detaillierter, bei anderen offen belassen. Wichtiger noch: Auch im Bewegtbild und besagten Fernsehserien wird Wesentliches ausgelassen — tatsächlich sind die dargestellten Bilder dort regelmäßig offen und fragmentarischen Charakters oder tafelbildartig »komplett«, dann aber ohne Erläuterung, wie das Gezeigte zu deuten ist; dann sind Dialoge im Sinne von Realismus in diesen QTV-Formaten oft auf ein Minimum beschränkt, sodass Entscheidendes im Kopf der Zuschauer ergänzt werden muss.
»(Das sieht man doch!)«
Es ist ein Irrglaube, das Interpretieren von Bildern sei eine natürliche und damit leichte Fähigkeit. Da wir vielfach mit Bildern aufwachsen, glauben wir, es sei »nichts«, sie — die Bilder oder es — das Sehen — zu verstehen oder zu erlernen. Ein aktuelles Beispiel beweist das Gegenteil: Die Probleme mit dem jüngst eingeführten Videobeweis im Fußball zeigen, dass die Regeln des Spiels verinnerlicht zu haben, noch nicht zur Auslegung der Bilder befähigt.
Aber diese im Zitat mitgeführte Vorstellung ist natürlich nicht vollends von der Hand zu weisen (≈ daher auch die Klammern), denn das Sehen gilt vielfach als der wesentliche Sinn des Menschen. Aus diesem Grund und eben der vorschnellen Vorstellung, Sehen und Interpretieren seien einfache Angelegenheiten bzw. ein und dasselbe, ist das Bild tatsächlich mächtig. Große Zusammenhänge sind vermeintlich sofort sichtbar ≈ als Grafik/Diagram oder als »Beweisfoto« etwa. Bisweilen ruft das Bild immer noch »große« Assoziationen hervor — etwa die von »Wahrheit«. Aber natürlich lässt sich eine Grafik bzw. lassen sich die dortigen Werte skalieren, ein Bild lässt sich beschneiden und damit in seiner Aussagekraft verändern etc. Oft ist ein Bild also alles andere als einfach, es kann bisweilen ganze Bücher füllen.
Klar, jetzt liegt für viele auf der Hand:
»(Die Medien manipulieren!)«,
hört an immer wieder! Zunächst aber: Was soll das sein, »die Medien«? So etwas gibt es gar nicht. Die Benutzung der Wendung ist natürlich — positiv ausgelegt — ein sprachliche Zusammenziehung, wenn man eben Medien insbesondere im eher klassischen Sinne meint: Buch, Film, Internet etc. Moderner und mit etwas mehr Vertiefung sind dann auch Medien im erweiterten Sinne unter diesen Begriff zu fassen, nämlich die Planung von Städten, das Smartphone, gar das Rad usw. — Derartiges wird noch mehrfach im Beitrag Nennung finden.
Weniger positiv verstanden meint der Ausruf »die Medien« einen Sündenbock, so wie bedauerlicherweise immer noch bestimmte Menschen unter einem »die da« zusammengefasst werden. Wie die unendliche Vielfalt von Menschen deutlich macht, so verhält es sich auch hier: Alleine schon die zahlreichen Formen von Medien zeigen es, es gibt nicht DIE. In »den Medien« sind kommerzielle, politische, investigative, künstlerische Interessen zu finden. Es gibt zahllose, sich widersprechende Anbieter, Konzerne, Abteilungen, Designer, Journalisten — zahlreiche Gruppen bis einzelne Menschen, die nicht gleichförmig zu fassen sind, sondern als Individuen entsprechend eigene Akzente setzen; sie stehen nicht »irgendwo anders «, sondern sind selbst Teil der Welt oder einer Gesellschaft … Und dass auch in einem netztheoretischen Sinne — insofern gehören zu »den Medien« auch immer die Rezipienten, die mal aufgeklärt, mal abgelenkt werden wollen; das eine hören wollen, das andere nicht, die mal bezahlen, mal nicht, die reagieren, umschalten oder mal selbst zur Kamera greifen …
Klar, gibt es wie überall unseriöse Anbieter, die Dinge verdrehen oder bewusst weglassen. Zu »den Medien« gehören übrigens dann auch die mehr oder minder bewusst und organsiert handelnden Agitatoren, die sich eigentlich mit dem Begriff »alternative Medien« abgrenzen und wiederrum »Wahrheit« verschreiben wollen. Oft handelt es sich dann aber um voreingenommene, lautstarke Kommunikatoren auf sozialen Medienplattformen in extremistischen Milieus.
Mit der Beobachtung eines seltsamen Selbstverständnisses wird erneut offenbar, dass die Komplexität der Medien verkannt wird: Natürlich gibt es Betrug, Fehler und vielleicht grob recherchierte Artikel und Aussagen von Medienmachern und Journalisten. Natürlich mag bisweilen der Eindruck entstehen, eher unbedeutende Themen werden aufgebauscht und dann noch von anderen Zeitungen etwa aufgegriffen — obschon sie vielleicht nicht als wirklich wichtige Themen erscheinen. Dazu muss man folgende Hintergründe kennen, wenngleich damit fehlerhafte oder triviale Artikel natürlich nicht per se entschuldigt werden sollen. Es ist aber so, dass gewisse Themen ein Eigenleben entwickeln und quasi auch von div. seriösen Anbietern aufgegriffen werden müssen, weil sonst aktuelle Diskurse ausgelassen werden — Diskussionen/Beteiligungen, die unter Umständen von den Lesern geradezu verlangt werden. Dann gibt es ohnehin Themen, die — oft so gar nicht wichtig erscheinend — bedient werden müssen: etwa Promi-News. Denn natürlich sind Zeitungen etc. auf Einnahmen angewiesen, um ihr Personal oder natürlich die (wiederrum von der Leserschaft) verlangten investigativen Artikel abseits der »Yellow Press«-Spalten zu finanzieren. Obschon Forderungen und Ansprüche seitens der Leser wollen diese oft wenig oder gar nicht für ihre Medien zahlen — nicht zuletzt im Zuge einer seit Mitte der 1990er Jahre entstandenen Umsonstkultur.
Diese ist mit dem Aufkommen des Internets verbunden. Das Medium ist aber angesichts dieses Umstands keine Ursache und taugt auch nicht als Sündenbock: »Wegen des Internets, läuft es nicht mehr …!« Vielfach war es schlicht ein Fehler seriöser Anbieter zu glauben, dass sich alles mit Werbung finanzieren lässt. Natürlich wird mit wachsender Zahl der Anbieter der Werbemarkt schwieriger. Umgekehrt haben sich viele Leute an unbezahlte Leistungen gewöhnt und machen ihre Erwartungshaltung gar nicht mehr von davon (dass das Gesehene/Gelesene quasi umsonst ist) abhängig, obschon sie sicherlich selbst für ihre Arbeit entlohnt werden möchten. Kombiniert wird dieser Umstand mit einer aus Sicht des Autors dieses Blog verbreiteten Haltung:
»((Was nicht ins Regal zu stellen ist, das ist nichts wert!))«
Ihnen sind die doppelten Klammern sicherlich nicht entgangen: Diese sollen zeigen, dass der Satz meist nicht ausgesprochen wird. Er kommt vielmehr in abwertenden Haltungen und anderen Äußerungen zum Ausdruck, die aus Erfahrung des Autors dieser Arbeit oft in krassen Kontrast zur Wirklichkeit der Ausrufenden stehen: Die Freizeitaktivitäten sowie auch die Smalltalk-Themen vieler kündet nämlich von einer hohen Medienaffinität — dazu später mehr. Die Abwertungen jedenfalls scheinen folgende Ursachen zu haben: Medien und deren Werke, Unterhaltung genauso wie Informationen sind unglaublich allgegenwärtig und (wie gerade skizziert) auch noch oft kostenlos. Ein — aus Sicht des Autors dieses Blogs verbreiteter — Materialismus führt dann dazu, dass das Mediale einmal auf Grund seiner schieren Masse, dann ohne Preis — analog zur Umsonstkultur — keinen Wert besitzt und oft jene, die derartige Werke kreiren, auch nicht wirklich.
Zweitens geht mit Kommunikation oft ein für materialistische Sichtweisen entscheidendes Problem einher, nämlich, dass sie extrem ungreifbar ist, sogar bisweilen immer ungreifbarer wird. Waren Filme »einst« (bzw. sie sind es noch, nur nicht mehr einstige Massen absetzend) auf DVDs zu kaufen, werden sie nun immer mehr gestreamt und wenn überhaupt noch (weil im VOD-Paket eh enthalten) quasi nur virtuell, nicht-greifbar, auf irgendwelchen Server liegend erworben. Ob sie dauerhaft, selbst in Relation zur Vergänglichkeit der DVD, dort bleiben, ist fraglich — wird der Anbieter verschwinden, ist das virtuelle Archiv womöglich auch bald vergangen. Jedenfalls: »Wie kann das dann Wert haben?«, fragt sich der eine oder andere mit Blick auf sein Regal und ein einzelnes Werk — hier also in Bezu auf einen Film.
Vielleicht wäre mal ein weiterer Blick, und zwar der auf den Abspann sinnvoll. Oft arbeiten zahllose Beteiligte am Werk — ein Punkt, der auch die um 2000–2010 aufkommende und teilweise noch anhaltende Behauptung entkräftet, dass etwaiges (vielleicht heute nicht mehr derart verbreitetes) Raubkopieren ja nur die Großen treffe. Ganz zu schweigen, vom Spaß und Unterhaltungswert, den man mit dem Werk bzw. durch das Werk hatte — das muss doch einen Wert haben, oder? Dazu auch später mehr. Der Erfolg von Werbung und gutem Design ist natürlich schwerlich messbar — aber das wäre wohl auch für sozialen Umgang und Freundlichkeit festzustellen, weiter gedacht auch für Konzepte wie »Liebe« etc.. Und doch bemühen wir uns darum oder versuchen sie zu finden, oder?
Wie eben auch die Rezipienten vernünftig entlohnt werden wollen (für deren Berufe, aber auch im Sinne von »Kinotickets für gute Unterhaltung«), so müssen es auch die Macher werden. Tatsächlich verändert sich nun auch in Deutschland der Markt diesbezüglich: einerseits auf Grund verstärkter Konkurrenz — im Televisiven durch Netflix etwa; andererseits durch der Umstand, dass Werbeeinnahmen auf immer mehr Anbieter verteilt werden, gleichsam oft mehr investiert werden muss, um Zuschauer zu gewinnen. Es bedarf also konkreter Bezahlungen — in Form von Abos etwa.
Das ist aus Sicht eines Kreativen eine gute Entwicklung. Wobei gleichzeitig darüber diskutiert werden muss, wie zukünftig Menschen mit weniger ausgeprägten finanziellen Mitteln noch der Zugang zu den — mindestens mit Blick auf die Feuilletons — weitreichenden (hoch-)kulturellen Einfluss ausübenden Qualitätsfernsehserien beispielsweise zu ermöglichen ist. Wesentlich ist hier der Umbau öffentlich-rechtlicher Strukturen, um stärker auf ein auch jüngeres und anspruchsvolleres Publikum durch entsprechende Angebote einzugehen. Für eine diesbezügliche Diskussion ist hier nicht der Platz …
Nochmal zurück zur Manipulation, dem entsprechenden Ausruf: Der Begriff »Manipulation« wird ohnehin überstrapaziert — wir sind ständig Faktoren um uns herum ausgesetzt, nicht wenige davon wollen uns eine oder ihre Meinung aufdrücken, vielleicht uns »davon« mit mehr oder minder fundierten Argumenten überzeugen: Darunter sind nicht nur Medien in einem klassischen Sinne (Zeitungen, Film, Buch etc.), sondern Freunde, Familienmitglieder, die Leute an der Bushaltestelle …
In diesem Sinne ist auch »Lies doch lieber ein Buch!« zu verstehen, womit wir noch einmal auf das allererste Zitat dieses Beitrags zurückkommen wollen. Natürlich können auch Leute diese Aussage tätigen, die das Lesen zu ihrem Favoriten gemacht haben und raten, es ihnen gleich zu tun — als persönliche Empfehlung etwa. Es könnten auch Leute sein, die sich sorgen, dass die Mediennutzung ihres Gegenübers zu einseitig ist und andere Formen, eben das Buch, erforscht werden sollten. Durchaus ernstzunehmende und wohlwollende Anliegen (daher auch die Klammern um das allererste Zitat): Denn jedes Medium sollte erprobt und in Grundzügen verinnerlicht werden: um verschiedene Sinne oder Erzählweisen zu schärfen, mehr über sich selbst und die Welt und um auch die damit verbundene Freude zu erfahren. Denn wie permanentes Lesen sozial isoliert, kann auch das Computerspielen beispielsweise einen selbst ausgrenzen — im Grunde jede klassische Medienform (d. h. wie gesagt, Film, Fernsehen, Bücher, Games, Radio etc.). Selbst Medien im erweiterten Sinne haben bisweilen etwas Isolierendes. Erweitert meint (nochmal/ausführlicher), wir sind Medien, oft voller Medien oder Räume bzw. haben differente Gesichter — etwa Zuhause und auf der Arbeit verhalten wir uns spezifisch und anderes. Wir befinden uns zudem stets in Medien: Klar, Luft wäre da zu nennen, genauso aber auch Soziales — ein Verein, eine Klasse, an der Bushaltestelle etc. Dort überall können wir teilhaben, besagte Räume/Medien bei Bedarf/soweit möglich verändern/ko-kreieren. Umgekehrt werden wir in Teilen von ihnen geprägt (Natürlich nicht pauschal — das wäre dann nämlich ein gar nicht im Sinne dieses Blog-Eintrags zu beschreibender, und zwar unbedarfter Glaube an die Wirkung von Medien. Das würde ja bedeuten, jede Werbung wäre erfolgreich usw. Tatsächlich entfalten Medien Wirkung, aber nicht unbegrenzt.). Wer aus seinem Umfeld nie herauskommt, läuft Gefahr, andere Dinge und Menschen nicht zu verstehen; glaubt vielleicht, es müsste überall so sein wie bei einem selbst … Also, Einseitigkeit ist immer problematisch. Insofern ist (bzw. sie sollte es nach Meinung des Autors dieses Blogs sein:) die Schule ein entscheidender Ort professioneller, früher, medialer bzw. kommunikativer Bildung: Eben auch, weil dort im Rahmen des schulischen Curriculums ein gewisser Zwang vorherrscht.
Das ist kein Plädoyer für Zwänge! Es geht darum, jungen Menschen ein breites Portfolio eben auch medialer Natur zu vermitteln, sodass sie wählen können. Das soll heißen, manchmal merkt man erst, dass man etwas schön, berührend, beindruckend findet, wenn man es richtig antestet, eine gewisse Hemmschwelle überwunden hat — vielleicht auch als Muss im Rahmen des Unterrichts/etwaiger Hausaufgaben. Vielleicht entdeckt, der oder die eine dann, dass Romane sein/ihr Ding sind, dass komplexe TV-Serien einen zum Nachdenken anregen, obschon man es/sie eigentlich bis dato nicht mochte usw. Das alles ist eine potentielle Möglichkeit — nicht mehr und nicht weniger:
»(Ich zeige das und jenes passiert!)«,
ist eine verbreitet Vorstellung, wie Unterricht oder Erziehung oder allgemeiner Kommunikation und Medien funktionieren: Man bespricht und erklärt etwas, sodass der Fehler nicht mehr gemacht wird etc. Natürlich argumentiert auch dieser Blog in Teilen nach dieser Devise bzw. er hat wie Lehrer*innen, Künstler*innen usw. die Hoffnung, dass etwas verstanden wird/dass sich so etwas zum Besseren wenden lässt.
Aber es ist meist komplizierter — wie bereits angedeutet: Es gibt viele Faktoren, unter ihnen nicht zuletzt der Mensch und seines div. Facetten, die Kommunikation bestimmen, sie zu einem Netzwerk machen — etwa auch eine schlechte oder professionelle Gestaltung (dazu gleich mehr). Insofern ist der Erflog von Kommunikation eher die Ausnahme statt die Regel. Entgegen der verbreiteten Annahme der großen Wirkung etwa der Werbung, ist sie oft eben nicht erfolgreich — auch dazu gleich mehr.
Bleiben wir noch etwas bei Bildung:
»Medienkompetenz? Wir haben da so ’nen Pilotprojekt!«,
sagen div. Bildungsträger oder bildungspolitische VertreterInnen: verschiedene Schulungsangebote bzw. Referenten, die in Schulen mal ja, mal nein/zeitweise bestimmte Medienformen behandeln. Dann werden in Politik, Deutsch und Kunst — je nach Schule oder Güte des Lehrplans — bestimmte Medien erklärt: meist in einem sehr klassischen Sinne ≈ Buch, Film, Presse etc. Zwar werden in allen Fächern Medien genutzt — Sprache kann als ein Medium gelten, der Mensch an sich bzw. div. soziale Verbände wie gesehen.
Eine gezielte Transferleitung bleibt aber/also aus — etwa die Herausarbeitung serieller Erzählweisen in Politik, Literatur und Alltag als kommunikative Meta-Ebene: Twitter-Nutzung inklusive provokanter Cliffhanger, eigentlich segmentierte Literatur aus der Feder Dumas’ (die wir heute meist am Stück lesen und wobei, quasi nebenbei, möglicherweise der eine oder andere — den seriellen Ursprung übersehend — verächtlich auf das Serielle schaut), der nächste Job/die nächste Schulklasse … Insofern, und darüber hinaus angesichts div. Kommunikatoren und nicht immer seriöser Kommunikatoren unserer Gegenwart wäre das Fach »Kommunikation« notwendig, um diese essenzielle gesellschaftliche und nicht zuletzt werttreibende Komponente (etwa angesichts weltweiter und in Bezug auf D. potentieller Arbeitsplätze in Film- oder noch größer in der Videospiele-Industrie) aus der unreflektierten Alltäglichkeit zu holen. Und dies bzw. das dazugehörige Fach muss schnell implementiert werden … Denn auch mit wenig Verständnis für mediale bzw. kommunikative Vorgänge muss klar sein, dass mediale Bildung bereits jetzt und schon gestern von Nöten war und ist — alleine schon, weil, wie beschrieben, Kommunikation und Medien überall sind und übrigens es auch immer waren.
Es ist verständlich, dass es Planungs- und Evaluationsphasen braucht, dass Gelungenes oft zeitintensiver Vorbreitung bedarf. Organisationsstrukturen jedenfalls, die vor-digitalen Geschwindigkeiten folgen, müssen überdacht werden. Zudem hat sich längst ein umfangreiches Angebot an digitalen Lehrmedien im Netz entwickelt — Wikipedia, soziale Lernplattformen, Kanäle etc. Das alle könnte vielleicht auch als Beweis zumindest dafür taugen, dass (und nachgeordnet: wie) man etwas gestaltet, sodass es durch die Schüler/von ihnen selbst also konsultiert wird.
Wir haben den Begriff »digital« hier schon ganz selbstverständlich genutzt, müssen ihn im Zuge der Auseinandersetzung mit fragwürdigen Ausrufen doch noch etwas näher betrachten — im Rahmen dieses Satzes beispielsweise:
»Digitale Medien machen dumm!«,
sagen jene, die sich einen allgegenwärtigen Begriff, ein Buzzword, also ein Aufmerksamkeit erzeugendes Modewort, zunutze machen wollen: Nicht zuletzt wird so Angst vor neuen Medienformen zu schüren versucht — oft weil der- oder diejenige Sprecher*in selbst von dieser befallen ist: Er/sie/div. versteht nicht so recht, was es mit dem Digitalen auf sich hat bzw. wie oft ähnliche Erzählungen und Mechanismen quasi vom konkreten Medium unabhängig einfach nur eine neue Form finden. Durch eine digitale Note, also auch Einsen und Nullen bestehend, ist noch lange nicht alles gänzlich anders …
Diese Konfusion ist aber durchaus nicht überrascht, denn digital ist ja neuerdings quasi alles. Wohl auch, um es modern — bedrohlich wie zukunftsgewandt — erscheinen zu lassen. Um nur einige Stilblüten in dieser Beziehung zu nennen: »Digitale Bildung« oder entsprechendes »Management« als Seminarangebot — was soll das sein?
»Digitalisierung der Bildung: Wir brauchen mehr Beamer!«,
Betrachtet man die Inhalte, ist da wenig eigentlich Digitales zu finden — ein Beispiel: Unter dem Begriff »Bildung« werden stabiles Internet und Tabletts etc. für den Unterricht gefordert. Sicherlich ein langfristiges Muss und sicherlich ist es nicht mehr zeitgemäß, Filmprojektoren oder Videorecorder samt Röhrenmonitor für Lehrvideos in den Klassenraum zu schieben. Aber durch moderne — digitale — Technik ändert sich noch nicht wirklich etwas oder immer alles: Goethe auf dem Tablett oder in Printform bleibt weitgehende Goethe (Abseits natürlich gewisser haptischer und je nach Forschung- oder Unterrichtsfrage durchaus relevanter Faktoren im Vergleich zum Papier: Ein Liebegedicht kann — als auch medienerzieherische Maßnahme — mit der Patina des Papiers eine andere Wirkung entfalten als ein Bildschirm).
Digital — meist also eigentlich eher medial oder besser kommunikativ meinend — wird es erst, wenn kommunikative Mechanismen verstanden werden, wie etwa Netztheorien, Systemtheorie und Konstruktivismus gemeint sind/sich im Alltag äußern; wie unsere kommunikative Welt funktioniert; wenn ästhetisch-kommunikative Parameter sowohl bei Schülern als auch insbesondere bei Lehrkräften in Grundzügen verinnerlicht sind; wenn echte digitale Möglichkeiten ausgeschöpft sind und über die online gestellte PDF hinaus virtuelle Klassenräume und Aufgaben erstellt werden.
Oft sind jedoch nicht einmal grundlegende Missverständnisse überwunden — ein Beispiel: Die Trennung von Inhalt und »Verpackung«, zu behaupten, »auf’s Äußere komme es nicht an«, ist vor allem eine theoretische, praktisch ist eine Gesamtwirkung stets vorauszusetzen und im Angesicht von kommunikativ starker, aber nicht immer seriöser Konkurrenz unumgänglich. Wir kommen noch mehrfach darauf zurück. Wichtig hier ist aber, dass bisweilen der zweite vor dem ersten Schritt gemacht wird — bevor es digital wird, wäre also ein Verständis von Kommunikation und Medien sinnvoller.
Mit der zitierten Aussage wird zudem — erneut — ein einfaches Weltbild zelebriert, und zwar nicht immer ein positives. Mindestens aber wird eine Einteilung in »gute« und »schlechte« Medien versucht, wohl um die Welt verständlicher zu machen — zum Preis allerdings, dass die Dinge so grob vereinfacht werden, dass eine Verzerrung statt besserem Verständnis die Folge ist. Nochmal: Wenn Goethe auf Papier gelesen wird, ist er und das Medium lehrreich, der Dichter als E‑Book aber verdummend, gar dickmachend? Aha …
Was mit dem Zitat auch ausgesagt werden soll, ist natürlich, dass eine starke bzw. einseitige Mediennutzung etwa dazu führen kann, dass sich Menschen weniger bewegen oder sich anderen Dingen widmen. Diese Sichtweise wird hier, in diesem Blog, durchaus geteilt, aber nicht, indem man einen Sündenbock ausruft, der suggeriert der »hirnlose« Mensch könnte sich nicht wehren. Erst einmal kann jedes Medium einen ähnlichen Effekt auslösen. Selbst wenn man »Sport« als Medium begreift, kann ein Gefangensein in spezifischen Spähern die Folge sein und können statt Übergewicht zahllose Verletzungen das Resultat sein — etwa kaputte Kniegelenke. Es geht also um ein Selbstmanagement, das erlernt werden kann: mal andere Medien kennen lernen, es nicht mit einer Form übertreiben.
Dennoch: Offenbar (angesichts solcher Sündenbock-Kreation) greift eine Angst vor der Komplexität der Welt um sich … Wobei die Welt nicht jetzt erst — wie gerne behauptet, im Zuge des Digitalen — komplex geworden ist. Vielmehr wird die Komplexität nun »nur« immer offenbarer. Früher wurde auf Grund nicht zuletzt weniger Anbieter vieles, auch Lokales einfach nicht berichtet. Gerade deshalb wäre statt auf technische Komponenten zu schauen, eine fundierte, multiperspektivische Bildung des Kommunikativen sinnvoll, um eben auch Komplexität besser handhaben zu können.
»(Der Digitale Wandel kommt!)«,
sagen, ergänzend zur oben genannte Statement, Leute, um sich wiederum eines aktuellen Themas anzunehmen, es als Bedrohung oder teilweise als modischen Zugzwang zu verklären. Auch oder besonders mit dieser Aussage wird aber Unwissen offenbar: Medien sind längst direkt bis indirekt digital — schon bisweilen mehr als ein Vierteljahrhundert. Selbst die Visitenkarte, das gedruckte Buch — beides ist meist mit digitaler Software erstellt worden oder im Produktionsprozess irgendwann digitalisiert worden: Abtippen (Computer, Word), PDF, Digitaldruck — d. h., keine Druckform, sondern Steuerung des Druckkopfs ausgehend von einer digitalen Datei.
Aber richtig, der digitaler Wandel ist, wenn besagte Aussage auch falsch, mindestens grob vereinfacht ist, nicht abgeschlossen, nicht gänzlich »Geschichte«. Er wird natürlich weiterhin die Welt verändern, nun weit über eine technische Ebene oder erste soziale Veränderungen (globale Kommunikation/Mobbing) hinaus: Abbau von Verwaltung, dann auch bedauerliche Entlassungen. Derartige Probleme werden noch wenig thematisiert, sich auf sie vorbereitet. Durch diese weitere Phase im Umbruch werden aber auch Ressourcen frei, neue gesellschaftliche Aufgaben anzugehen. Vieles bleibt hingegen, digital oder nicht, gut oder schlecht — das sei nochmal betont —, wie es ist: Kommunikation ist eine zeitlose, nur in Teilen zeit- oder medien-spezifische Ebene! Sie ist eine Meta-Ebene. Zum Beispiel: Schreckliches Mobbing wird vom analogen Schulhof in das Internet verlagert oder erweitert — in der Ganzheitlichkeit hat es dann zwar eine neue Dimension! Es ist damit aber eben nicht pauschal das Ergebnis des Digitalen oder »der Medien«. Klar tragen Plattformen eine Mit-Verantwortung für das, was auf ihnen passiert, denn ihre Tätigkeit geht über eine technische Infrastruktur hinaus, aber das eigentliche Mobbing ist und bleibt ein primär menschlicher Verantwortungsbereich — also derjenigen, die meinen, Sie müssten mobben, um ihren Frust abzuleiten oder sich selbst besser zu fühlen. Unser (kommunikatives) Bedürfnis nach asozialem Verhalten sollte also diskutiert werden, statt Worthülsen hinterher zu jagen oder »Digitalisierung« oder »die Medien« zum pauschalen Sündenbock zu machen!
Wie wir zunächst »digital« eher beiläufig und erst just erklärt haben, so ist auch in weiten Teilen mit dem Begriff »Design« eher selbstverständlich umgegangen worden. Auch ihm müssen wir uns nun detaillierter zuwenden:
»(Design? Das ist Geschmackssache!)«,
sagen jene, die weltgewandt und kompromissbereit wirken wollen und es vielleicht auch sind. Dennoch können dabei falsche Schlüsse gezogen werden: Design ist nicht wirklich Geschmackssache! Ok, wenn überhaupt, dann nur zum Teil … daher auch die Klammern. Geschmack, persönliche Vorlieben und Vorstellungen von dem, was »schön« ist, sind auch Teil des Komplexes.
Design lässt sich anhand folgender Faktoren definieren — am Beispiel eines Autos etwa: Funktionalität (Ladevolumen? Reichweite?) bzw. Usability (Neues bedienbar/intuitiv? Vertrautes abrufbar? Genug Ladestellen?), Ästhetik (zeitlose oder zielgruppenspezifische Gestaltung? »Schön«?), Nachhaltigkeit (Langlebigkeit des Fahrzeugs? Umweltverträglichkeit?) und Konsistenz (Passen alle Elemente zusammen? Sind die Spoiler Platzverschwendung oder verhelfen sie dem Fahrzeug zu seiner Gesamtwirkung? Preis-Leistungs-Verhältnis? Ist es so konsequent ornamentiert, dass es stimmig wirkt?) sowie ggf. anhand dessen Innovationskraft (Hebt es sich ab? Neues Design? Neue Technik? Besonders sparsam?) und eventuell anhand seiner Haltung (Soziale Bedingungen der Produktion? kritisch-kommunikativer Ansatz?).
Die also im Zitat zum Ausdruck kommende persönliche Meinung ist aus professioneller Sicht eine stark nachzuordnende Größe — weswegen Profis für div. Kunden (bzw. auch deren Kunden, etwa im Rahmen einer Werbemaßnahme) entsprechend vielfältige Designs zu erstellen vermögen, ohne dass diese ihrem eigenen Geschmack gefallen müssen.
Klar, die Anführungszeichen beim Schön zeigen es, es gibt hier selbstverständlich eine persönliche Komponente, aber sie ist nur eine von vielen Facetten … Design- oder Lebensregeln wie »Weniger ist mehr!« sind Indikatoren für sich durch die Historie ziehende Schönheitskonzepte. Was übigens nicht im Widerspruch zum oft als Symbol von Kitsch geltendem Ornament stehen muss oder meint, Bauhaus-Ästhetik überall. Der oft sehr verspielte Barock ist durch seine Ausgewogenheit in Fragen der seriell schwingenden Ornamentik stimmig und schön und eben nicht zwangsweise übertrieben/überladen. Aber bzw. nochmal: Design und Schönheit sind verwandt, nicht deckungsgleich — insofern ist auch scheinbares Nicht-Design oft wohldurchdachtes Design: von Profis gemachtes Design, das vorgibt, keines zu sein. Was soll das? Naja, es soll eine Günstigkeit ausdrücken, eine Sparsamkeit der Hersteller zeigen/vorgaukeln — sie scheinen sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es soll jene, die glauben für Werbung nicht empfänglich zu sein, ansprechen:
»Werbung? Da steh’ ich drüber!«,
sagen oft aus Theorie oder medienfernen Branchen stammende Personen, weil sie überzeugt sind, äußere Einflüssen könnten ihnen und ihrem Intellekt nichts anhaben. Hierbei handelt es sich um eine mehrfaches Missverständnis — zunächst: Alle Medien entfalten potentiell — wie oben angedeutet — natürlich »Wirkung«. Ein Großteil aller Kommunikation ist nämlich un-/unter-bewusst.
Kein Grund zur Furcht oder Resignation: Wir alle stehen seit unserer Geburt unter dem Einfluss unserer Umwelt, aber bekanntlich bringen wir auch Charakter mit und dann gibt es ja noch den Verstand: Wenn auch das Rationale/das Sachliche sowie Affekt/Emotionen vor allem theoretisch getrennte Größen sind und in jedem Menschen beide Facetten gleichzeitig agieren — mal mehr, mal weniger zu einem der Pole tendierend: So können wir doch — in gewissen Maßen — Dinge analysieren, Fakten heranziehen und uns selbst befragen etc. D. h., dass wir weder unserer Umwelt pauschal ausgeliefert sein müssen, noch die »Medien« (wie gerade in radiakalisierten Debatten arg verzerrend behauptet wird) einfach so »manipulieren«. Gesprächspartner, Freunde, das soziale Umfeld sind deshalb/nichtdestotrotz Einflussgrößen ≈ auch sie sind quasi Medien, wir in diesem Sinne immer von Medien umgeben: Medien sind also nicht »die da«, sondern weitergedacht (schon am Beispiel von Ratio und Affekt sichtbar) sind wir selbst Medien oder Teil derselben. Übrigens bzw. in diesem Sinne: Medien bzw. Design betrifft nicht nur ein neues Smartphone oder Kleidungsstück oder im erweiterten Sinne soziale Räume, mehr oder minder durchdachtes/durchdenkbares Design umgibt uns auch hier: Städteplanung, der Wohnraum etc.
Dann behindert der fatale, in besagter Aussage offenbar werdende Glaube, »über den Dingen zu stehen«, womöglich jegliche Selbstreflexion und damit den richtigen Umgang mit Medien — auch im gerade skizzierten umfassenden, d. h., über klassische Medien (Buch, Film etc.) hinausgehenden Sinne. Wenig überraschend eignet sich die oben skizzierte Haltung dann als Zielgruppe: Werbung/Design, die/das vorgibt, keine/s zu sein — no frills! Produkte, angeblich für Menschen »die kein Statussymbol brauchen«. Umgekehrt: Der bei Aldi und Lidl heute nicht mehr so ausgeprägte Verkauf direkt von der Palette: Immer noch gibt es Leute, die sich damit preisen, nicht dort einzukaufen »zu müssen«. Oft ohne verstanden zu haben, dass es sich meist um Zweitmarken, oft nur anders verpackte identische Produkte handelt. Was dann übrigens wieder ein Beispiel dafür ist, dass Werbung weder jeden anspricht noch ansprechen soll. Aber soweit muss man gar nicht gehen, um die Grenzen kommunikativen Erfolgs beobachten zukönnen — es reicht schon das:
»(Das Design/der Film gefällt mir nicht!)«,
sagen Leute, die ihre Meinung gerne verbreiten möchten, ihrer Meinung auch in Bezug zu Bereichen, mit denen sie nicht sehr vertraut sind, kundtun wollen oder als »sendenswert« empfinden. Klar, wir leben in einer Demokratie und daher ist es nicht nur gestattet, sondern bisweilen wichtig, eine Meinung zu haben. Aber wie in einer vielschichtigen-komplexen Gesellschaft inklusive spezifischen Arbeits- und Aufgabenfelder nun einmal so ist, keiner weiß alles und ist Experte auf jedem Feld. Wie also bereits gesagt darf dabei Respekt vor anderen (Berufsgruppen) nicht ausbleiben. Zudem oder daher sollte es zum Komplex »Meinung«/»Meinungskundtuung« auch gehören, die Grenzen des eigene Wissens zu kennen und die Einordnung dessen, was eine spezifische oder die Meinung überhaupt ist.
Was soll das heißen? Meinung sind Meinungen — das heißt, sie können durchaus auf Analysen basieren, mit Fakten belegbar sein und auf dem, was man dafür hält, fußen. Oft sind sie aber sehr persönliche Sichtweisen, Geschmacksfragen; nicht mehr und auch nicht weniger! Also etwa bei Amazon seiner persönlichen Unzufriedenheit über einen Film beispielsweise Luft zu lassen und eine schlechte Bewertung zu geben, ist sicherlich kein »Vergehen«. Aber derartiges Vorgehen ist in dieser Form durchaus fragwürdig, u. a., weil es regelmäßig nicht wirklich den übrigen Lesern gegenüber hilfreich ist: »Ich …«, »Ich …« usw. bzw. sogar lobenswerterweise — schlimmer wäre es, wenn jemand seine persönliche Sicht in ein scheinbar neutrales Gewand zwingt. Insofern ist das »Ich« sogar ehrlich. Nun, eine gewisse konstruktive Note, eine Begründung der Kritik ist aber oft nicht nur Ausdruck von Reflexion (der eigenen Meinung), sondern auch Sozialkompetenz — und damit verbunden: einem möglichen Mehrwert des Geschriebenen.
Überdies zeigt sich bei besagter unbegründeter Kritik nicht selten ein geradezu heterotop anmutender Mechanismus: Wenn viele etwas gut finden, muss man dagegen halten oder umgekehrt. Auch das ist sicherlich oft beleuchtend und fruchtbar, gerade, weil manch Mode, manch Trend, manch Euphorie ansteckt, ohne dass der oder die »Infizierte« wirklich schaut, was es mit dem Sachverhalt auf sich hat. So hinterfragend-analytisch wird ja übrigens auch in hochwertigen journalistischen Werken bzw. Zeitungen verfahren: mehrere Perspektiven zeigen, etwaige habituelle Phänomene hinterfragen.
Wiederum/Dennoch: Nur persönliche Empfindungen zu äußeren ohne Begründung oder eben bisweilen auch ohne Kompetenz, scheint oft Ausdruck eines Bedürfnisses nach Krawalle zu sein … ABER: Medien, Kunst, Design — wie auch immer — bedürfen des Gesprächs über sie, um Gehör zu finden, ökomischen Erfolg zu fördern oder künstlerischer Intention (ein gesellschaftskritische Diskussion anstoßen zu wollen) Ausdruck zu verleihen. Aber auch dieser »wenig qualifizierte« Austausch (als nicht aus Medien- respektive Kunstbranchen Stammender) sollte im Sinne von Sozialkompetenz mit Respekt vor den Macher*innen dieser Werke erfolgen, wie sie sich die Leser*innen/Zuschauer regelmäßig auch für ihren Beruf wünschen.
Nicht zuletzt ist es die vermeintlich einfache Zugänglichkeit der Medien, welche zur vorschnellen Herabwürdigung ermuntert — jeder weiß es besser, jeder kann vermeintlich am Smartphone und Computer gestalten. Das ist natürlich keinesfalls schlecht, sondern gut — hier soll keine Kritik an technischen Neuerungen betrieben/ein Sündenbock geschaffen werden. Es geht ja in diesem Blog gerade darum, solche »Flachheiten« zu vermeiden und zu kritisieren. Daher: Es ist gut und wichtig, selbst aktiv an der medialen und kommunikativen Welt teilzuhaben, es ist gut, dass dies heute mehr denn je möglich ist. Aber ein gewisser Respekt — wie oben bereits erwähnt — wäre schon sinnvoll — denn: Wehe, bestimmte Berufsgruppen/die Berufsgruppen der Medienprofession fernen Kommentatoren etwa werden für ihre Arbeit kritisiert — das stehe einem dann nicht zu … Obschon selbe regelmäßig Probleme bei der eingängigen Kommunikation haben oder typografisch korrekte Schriftsätze eher selten bleiben … Wenn’s also wirklich so einfach wäre …
Und in diesem Zusammenhang ist auch die Kritik am neuen Urheberrecht zu relativieren — übrigens ein, wie wir gleich sehen werden, in Teilen kommunikatives Problem: Die Gewohnheit im Umgang und Gebrauch mit Arbeiten anderer ist so sehr zur Routine, gar zum verbreiteten Ritual geworden, dass ein teilweiser Verzicht darauf Protest auslöst.
Aber auch das wäre zu einfach, natürlich ist darüber zu diskutieren und es hätte genauer definiert werden müssen, ob und an welcher Stelle potentiell Meinungsfreiheit mit dem Gesetz eingeschränkt zu werden droht. Es wurde und sollte weiterhin darüber gesprochen werden, wie das Gesetz zu Stande kam. Wobei wir wieder bei zwei bereits getätigten bzw. implizierten, kritischen Anmerkungen wären: Einerseits hätte der Aspekt des Eigentums gerade angehenden Berufstätigen/jungen Erwachsenen gegenüber besser vermittelt werden müssen — weil sie ja selbst für ihre wenn auch ggf. nicht-spezifisch medialen Berufe ein gerechtes Einkommen erwarten. Sie würden sich wohl nicht damit zufrieden geben, wenn man ihnen einen hohen Satz des Gehaltes abzieht, weil ihre Arbeit einfach »woanders« abrufbar ist — und das ohne ihr Einverständnis.
Andererseits zeigt sich am Beispiel des Urheberrechts auch eine Problematik unseres Zeitalters: Immer spezifischerer berufliche Herausforderungen verlangen nach konkreter Ausbildung. Zum anderen sind mehr denn je, abseits spezifischer Fähigkeiten, interdisziplinäre Brückenbauer notwendig, die in verschiedenen Feldern ausgebildet oder erfahren sind. Hier ist nicht der Platz über grundlegende politische Probleme zu sprechen, aber ein gewisser Fachbezug ist den gewählten Vertreter je nach Resort durchaus zuzumuten, zumindest darüber zu diskutieren.
Wo doch der Drang nach Schubladen sehr verbreitet zu sein scheint und man sich mit Interdisziplinarität — aus Erfahrung des Autors dieses Blogs — regemäßig schwer tut, so paradox mutet es an, dass sich hinsichtlich Kommunikation und Medien ein eher wüstes, wenn auch vermeintlich schubladenloses Welt- und Kompetenz-Bild beobachten lässt:
»Wir brauchen keine Designer — Ich hab’ mal
was mit Word vor-
bereiteT!«
oder
»Wir suchen jemanden für die Öffentlichkeitsarbeit, jemanden für die mediale Praxis, jemanden, der Veröffentlichungen betreut und setzt (Indesign), die Website pflegt, Photoshop beherrscht etc. — Voraussetzung dafür: wissenschaftliches Studium.«,
sagen manchmal Leute, die zwar für ihre Berufe Respekt (natürlich zu recht) einfordern, »diesen Gestaltern« aber selbigen oder den Status einer Profession absprechen. Oft wir dabei behauptet, schließlich habe doch jeder einen Computer — das haben wir ja bereits behandelt. Wenn’s so einfach wäre — wir kommen gleich noch einmal genauer darauf zurück. Aber es geht noch weiter:
»Warum sieht dann ein Großteil kommunikativer Produkte jenseits professioneller Gestalter eher unbedarft aus?« »Gestaltung ist eben nicht wichtig!«,
heißt es dann manchmal mit den beiden vorhergehenden Zitaten verbunden. Wohlwollend ließe sich vermuten, es handelt sich um eine Art von vorauseilender Entschuldigung, im Angriff getarnt: Was man nicht beherrscht oder versteht, wird einfach als unwichtig markiert. Zudem wird mit solch einer Aussage natürlich — wie oben beschrieben — deutlich, dass die Dimension des Medialen unterschätzt wird: Kommunikation ist größtenteils unbewusst, Medien sind eben nicht nur Film, Buch etc., sondern auch Straßen, Städte etc. Und wie ebenfalls schon mehrfach in diesem Eintrag betont, berührt Design oder noch allgemeiner Kommunikation auch jene Disziplinen und Berufsgruppen, die nicht primär kommunikativ zu sein scheinen: Kommunikation im Unternehmen, die richtige Vermarktung eines Produktes, das richtige Auftreten den Mitarbeitern wie Kunden gegenüber — ein tolles und präzise konstruiertes Produkt wird schnell billig, wenn es unbedarft beworben wird; man nicht von einem mit Cliparts entworfenen Logo Abstand nehmen kann.
Die in den Zitaten mitgeführte bzw. sich konkret in der Stellenbeschreibung offenbarende Abwertung ist paradox, wenn zum Beispiel Medienanalysierende Derartiges in Ausschreibungen (wie der gerade genannten): formulieren. Die Macher dessen, was ihnen als Analysegrundlage dient, werden ein bisschen nicht für voll genommen.
Werden wir kurz polemisch, dann könnte man jenen, die so eine Stelle ausschreiben, entgegnen: »Wenn Sie ein Leiden haben, gehen Sie doch zum Arzt und nicht zum Evolutionsbiologen, oder? Warum also einen Theoretiker für eine Praxisaufgabe engagieren …?« Ein theoretisch agierender Forscher weiß sicherlich vieles über den von ihm untersuchten Sachverhalt, aber etwas zu analysieren und zu gestalten sind sehr unterschiedliche Dinge — wenn auch natürlich Schnittstellen aufweisend.
Aus wiederrum eigener Erfahrung des Autors dieses Blogeintrags heraus sind Wissenschaft wie auch fundierte Gestaltung jeweils Herausforderungen für sich, die einander nicht nachstehen, aber doch ganz unterschiedliche Akzente fordern und fördern — Beispiele: Wissenschaftliche Studenten arbeiten häufig (isoliert) vom Schreibtisch aus, aus der Bibliothek; sie müssen (zeit- und geduld-)intensive Recherchen leisten, sich vereinnahmenden Auseinandersetzung mit einem Sachverhalt stellen; Interviews, Befragungen, Analysen ≈ gegossen in Referate (ggf. in Kleingruppen), ggf. Konferenzen, in Hausarbeiten, Klausuren unter Besuchen von umfassenden Theorie- und Seminarveranstaltungen ——— praktische Studenten haben (etwa an FHs) ebenfalls einen hohen Anteil Wissenschaft (inklusive Hausarbeiten etc.), sie müssen regelmäßig praktische Übungen absolvieren, deren künstlerisch-kritische Facetten oft zeitintensiv sind, sie werden durch Städte und Länder (etwa im Rahmen von Dreharbeiten) geführt; ihre Resultate müssen sie diskutieren, dokumentieren, umfassende Softwarekenntnisse werden verlangt, Konzepte erstellt, geplant und umgesetzt — in Gruppen (nicht nur Studierender, sondern auch Schauspieler …), oft mit realen Kunden, mit tatsächlichen Budgets.
Hinter einer derartig kuriosen Nachfolgersuche/Stellenbesetzung steht nicht zuletzt, abseits einer denkbaren Verteidigung oder partieller Arroganz, ein diskutables Traditionsbewusstsein: Die scheidenden Inhaber/die Verantwortlichen haben selbst einen wissenschaftlichen Hintergrund — sind in die Praxis hinein gerutscht oder, durchaus mit gebührender Anerkennung und entsprechendem Respekt, haben sich dort hingearbeitet. Gerade diese Übergangszeit wird ja durch spezialisierte Studiengänge ganz erheblich minimiert — nicht selten müssen bei wissenschaftlichen Abschlüssen praktische Fähigkeiten erst erlernt, für die Gestaltung notwendige Erfahrungswerte geschaffen werden. Diese sind ja bei interdisziplinären, praktisch-theoretisch ausgebildeten Studenten bereits im Studium in einem gewissen Maße geschaffen worden. Und: Da es noch vor 15–25 Jahren entsprechend spezialisierte Studiengänge oft gar nicht erst gab, mag auch heute bisweilen kein Bewusstsein für selbige vorliegen.
So etwas ist letztlich gar nicht so selten — solch eine Zeitversetzung: Denken Sie nur daran, dass Bachelor- und Master-Abschlüsse (seit ca. 2003) erst jüngst in der breiten Öffentlichkeit besser bekannt sind, sie auf staatlichen Formularen nach wie vor nicht vorkommen oder in der Synchronisation englischer Filme immer noch mit altmodischen Graden ersetzt werden. Das alles hat auch damit zu tun — in aller Kürze —, dass die neuen Grade eben nicht weitreichend kommuniziert wurden oder Universitäten sich wohl, weil mit dieses Abschlüssen eine stringentere Betreuung und ein Mehraufwand einhergeht, gewehrt haben bzw. sich nach wie vor gegen sie sträuben. Oft muss dann ein angeblicher Qualitätsverfall als Begründung herhalten — kurios nur, wenn Bachelor und Master Vor- und Diplom oder erstes und zweites Staatsexamen ersetzen, es also in vielerlei Hinsicht eine identische Gliederung gibt respektive gab.
Aus Sicht des Autors dieses Blog-Eintrags befinden wir uns in einem Zeitalter, in welchem die kommunikative Dimension unserer bzw. einer Welt offenbar wird, deutlich wird, dass Welt(en) immer schon ein/div. kommunikative Konstrukte ist/waren. In diesen Netzwerken werden Spezialisierung (wie die eben skizzierten) notwendig. Im Zuge spezifischer Zielgruppen oder Experten entfernen sich Bereiche einer Gesellschaft immer mehr voneinander — das ist nichts Negatives, sondern ein mit Emanzipation und Freiheit einhergehendes Phänomen. Insofern wächst auch die Notwendigkeit, ganz unterschiedliche Bereiche zu verbinden, ein gewisses Brückenbauer-tum wird unumgänglich — also Fachbereiche mehrdimensional, in Praxis und Theorie, zu verstehen oder mit Grundwissen zugänglich zu halten.
Ja, richtig, Sie werden gleich sehen, das hatten wir schon — obschon es in diesem Blog-Eintrag bereits beschrieben wurde, muss es auch hier noch einmal behandelt, gar betont werden: Jeder soll sich gestalterisch/künstlerisch ausleben — beides dient der Selbstreflexion und macht Spaß (deswegen um das folgende Zitat Klammern). Es wird in einer Zeit, in der die immer schon gegebene Relevanz von Kommunikation immer deutlicher wird, mehr denn je notwendig, grundlegende Gestaltungsparameter zu verinnerlichen — grundlegend mindestens von jedem, und insbesondere von jenen, die nicht primär Profis medialer/kommunikativer Fächer sind. Medien Vermittelnde — Lehrer*innen, Dozierende — sollten in diesem Sinne über das Hobbyniveau hinaus ausgebildet werden/sein: Theorie und Praxis von Kommunikation und Medien sollte in semi-professionellen Zügen verinnerlicht werden.
Klar, die hier skizzierten Abwertungen Medienmachender hat ihre Hintergründe, kommt in Teilen nicht von ungefähr:
»(Ich bin Designer!)«,
hört man nicht zuletzt deshalb des Öfteren, weil der Beruf des Designers/der Designerin nicht geschützt ist. Das heißt, jeder kann sich so nennen. Was im eben skizzierten Sinne meint, ein jeder kann den Beruf ergreifen — ohne Zeugnis, aber bei Talent respektive konkreten Fähigkeiten! Eine der wenigen offenen Branchen, zu denen man nicht erst mit einem Zeugnis Zugang erhält — daher die Klammern!
Denn insofern ist die Aussage partiell richtig: Wer designt, ist ein Designer! Aber nicht genuso wie »Wer Kunst macht, ist Künstler«! Denn wie oben gesehen kann eine denkbare Unterscheidung von Kunst und Design sein, dass in letzterer Disziplin fachliches Wissen und Fähigkeiten kompiniert mit Erfahurngswerten, einem damit verbundenen Bauchgefühl notwendig sind. Insofern bzw. dennoch bleibt die Branche »Design« also offen, was aber umgekehrt auch heißt, dass besonders viel Schmu betrieben werden kann — nicht muss (»besonders« ≈ denn selbst verbindliche Berufsbezeichnungen und die dahinterstehenden Leistungen schützen bekanntlich nicht immer vor faulen Eiern): Eben ohne Talent, Erfahrung oder fundierte Bildung wird unprofessionelle Arbeit geleistet. Der Autor diese Blog kann das aus eigener Erfahrung bestätigen: Neukunden stießen mit desaströser Kommunikation zu einem. Unseriöse Anbieter hatten für ein Design, beim dem selbst Erstsemester hätten durchfallen müssen, oft horrende Beträge zahlen müssen.
Oder denken Sie nur an all die C- oder D‑Promis, die sich, nicht selten als Freund oder Freundin eines Prominenten, als ehemalige Affäre oder Sprösslinge, als Designer*in ausgeben. Es ist wohl nicht ganz unvermessen zu sagen, dass viele der dann — wenn überhaupt — entstehenden Designs dieser Personen nur zu Werbezwecken deren Namen tragen und die tatsächlich designerische Beteiligung an den Produkten eher gering ausfällt.
Designer sind übrigens nicht finanziell mehr oder weniger staatlich subventioniert — es gibt also keine Gebührenverordnung oder den gesetzlichen Zwang diese Berufsgruppe zu kontaktieren oder in bestimmter Weise zu bezahlen. Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes, weil so theoretisch die Motivation steigt, gute Arbeit zu leisten. Umgekehrt — mit dem erwähnten, und zwar verbreiteten Irrglauben, alles selbst erledigen zu können, verbunden — habe sie (die Designer) es nicht einfach. Obschon gute Designer oft natürlich nicht weniger Leistung liefern als andere Berufsgruppen. Zudem schlägt sich die Selbstmachmentalität nach Meinung des Autors dieses Blogs nicht unbedingt immer in der Qualität gegenwärtiger Kommunikation nieder — auch das ist bereits angedeutet worden.
Wie gesagt grundlegende gestalterische Fähigkeiten sind notwendig — ein weiteres Beispiel: Wissenschaftliche Veröffentlichungen etwa werden heute häufig von Verlagen nur geringfügig betreut — oft »nur« die Vermarktung übernommen. Meist sollen die Autoren in Word arbeiten — eine zwar verbreitete und in vielen Bereichen zweckmäßige, gar hervorragende, aber eigentlich ästhetisch und typografisch sowie für den Druck nur bedingt gut ausgestattete Software. Das soll Word ja auch gar nicht leisten — es geht um Textverarbeitung, das Management von Terminen etc. Für fundiertes Design gibt es eben Spezialsoftware. Die dazugehörigen ästhetischen Kenntnisse taugen nicht — als Hobby etwa erlernt — für ein seriöses Kommunikationsprodukt: Das sei noch einmal betont!
Insgesamt wäre es also schon gut — um den eigenen (akademischen) Ansprüchen gerecht zu werden —, dass nicht — wie bei vielen wissenschaftlichen Publikationen zu beobachten — der jeweilige Band von fehlerhafter Typographie nur so strotzt und ein fragwürdiges Layout aufweist, alle Bildquellen verpixelt sind und das Werk tendeziell unleserlich. Die Abwertung gestalterische Profession oder eben der Verzicht auf die Verinnerlichung grundlegender Fähigkeiten durch Amateure der Gestaltung, rächt sich meist: Seriöse oder wichtige Inhalte werden so insgesamt — gelinde gesagt — nicht gerade wie gewünscht wahrgenommen … und das nicht nur, wenn’s um Wissenschaft geht:
»Der Inhalt zählt, Design ist Verpackung!«,
sagen (als unbewusste, aber wie gesagt vorauseilende Entschuldigung) Leute, die Layout und Typografie nicht wirklich beherrschen — obschon ihnen dann Rechtschreibung und Grammatik wichtig sind: Da werden Zollzeichen schnell zu falschen Anführungsstrichen und daher Kommunikation (im Unterbewusstsein) ungenau. Wenn das nicht wichtig ist, warum ist dann Rechtschreibung etc. relevant?
In diesem Ausruf schwingen leider über Rechtschreibung und Grammatik hinaus Grenzen im Verständnis mit: Offenbar ist nicht klar, dass Kommunikation meist aus drei gleichwertigen, nicht immer bewusst (für sich) wahrnehmbaren Komponenten besteht: Geschichte (inklusive Intention), Narration und, nennen wir es, audiovisuelle Ausformung. Nur theoretisch sind diese Komponenten trennbar, praktisch gehen sie ineinander über. Eine Geschichte kann ganz unterschiedlich erzählt oder audiovisualisiert werden, eine bestimmte Erzählweise kann auf mehrere Geschichten angewandt werden, ein bestimmter Look auf div. Geschichten und Erzählweisen Anwendung finden.
Das ist kein Baukastenprinzip — hier gilt vielmehr die Wendung »mehr als die Summe der Teile«. Derartige Elemente formen ein untrennbares Gesamtwerk: bei einem Buch kommt bei vielen das Cover — ein Bild also — ins Gedächtnis, sprechen wir über das Werk. In jenem Film ist es die Stimmung, die uns begeistert hat: Woraus setzt sie sich zusammen? Geschichte, Narration, Audiovision — untrennbar verwoben.
In der Analyse fällt es auch deswegen, auf Grund dieser Verschränkungen, immer so schwer, eine bestimmte Erzählweise zu bestimmen: Solch analytische Arbeit ist zwar möglich, aber selbst wenn der oder die Autor*in im untersuchten Werk so bewusst gearbeitet haben sollte (oft sind bestimmte Erzählkonzepte von klein auf, kulturbedingt verinnerlicht und gar nicht mehr bewusst in Worte zu fassen, werden aber dennoch genutzt), so ergeben sich doch immer div. Fragen: Wo fängt Geschichte an, was ist hier spezifische Audiovisualisierung bzw. wird hier nicht in Bild und Ton erzählt bzw. was sagen diese Bilder in einem erzählerischen Sinne?
Also: Leute, welche die oben genannte Aussage tätigen, verkennen das Potenzial, demgemäß von Anbeginn eines Projektes zumindest mitgedachtes Design einer auch wissenschaftlichen Publikation zur Eingängigkeit verhelfen und damit zur nachhaltigen Wissensvermittlung beitragen kann: Wissen kann plötzlich spannend auch für jene werden, die das Thema eigentlich kaum interessiert, es kann viel intensiver erlebt oder aufgebrochen werden …
Doch nicht nur die im Zitat zum Verzicht auf Designer bewusst missratene Umsetzung, sondern bereits die zahlreichen, mit zentriertem (weil angeblich harmonisch wirkenden) Text versehenen, aber schlecht lesbaren Einladungskarten unseres Alltags zeigen die Relevanz von Profis der Gestaltung bzw. wie wichtig ein Grundlagenwissen der Gestaltung für jedermann ist: Denn Wichtiges gerät bei unprofessioneller Aufbereitung/Kommunikation schnell ins Hintertreffen … eben auch (bzw. noch einmal) im Alltag:
»Konzentrieren Sie sich auf den Vortrag und den Inhalt, grafische Arbeiten sind nicht wichtig!«
Nicht nur Lehrinhalte werden fade, wenn der Professor ausschließlich und monoton abliest. Schlimmer wird es, wenn etwa im Kunstgeschichtsstudium eine 45minütiges Referat zu einem Gemälde darin mündet, dass ein und dasselbe Bild 45 Minuten auf dem Beamer angezeigt wird. Und die Studierenden mit dieser Aussagen noch angehalten werden, auf zielführende — also um den Mitstudierenden etwas vermittelnde — Maßnahmen zu verzichten: etwaige Pläne etwa hervorzuheben, Hintergründe mit weiteren Bildmaterial illustrieren …
Es überrascht den Autor dieses Blogs noch immer, dass jemand, der sich mit Kunst — einem extrem kommunikativen Feld — beschäftigt, so wenig mit Kommunikation befasst hat. Denn die Aussage ist natürlich grober Unfug — selbst Profis ihres Fachs laufen Gefahr in einer derartigen Monotonie zu ermüden. Zu glauben, man stände »über den Dingen« und könnte zw. Inhalt und Verpackung unterscheiden, ist (wie oben gesehen) erstmal nur sehr selten überhaupt möglich und kündet damit von einer fatalen (weil eben an die nächsten Generation weitergegebener) Überschätzung eigener Fähigkeiten.
Natürlich lässt sich hier ein habituelles — also oft in bestimmten Milieus antrainiertes — Verhalten bzw. eine dementsprechende Äußerung respektive Reaktion erahnen. Sie kann folglich nicht ausgelassen werden:
»Geschichten? Was für Kinder!«,
ist eine verbreitete Annahme, die betonen soll, wie reif und aufgeklärt der/die Sprecher*in ist. Doch sie entlarvt Grenzen: Zunächst sind Geschichten der Schlüssel zum Verständnis der Welt — aber eben nicht nur für Kinder: Künstlerisch-sozialkritische Werke können genauso bei Erwachsenen lehrreich sein, bei ihnen Selbstreflexion anregen und gesellschaftliche Diskussionen fördern. Oder negativ: Fatal vereifnachte Weltbilder redikaler Kräfte offerieren ihren Anhänger vermeintliche Sündenböcke oder Lösungen.
Der Autor dieses Blog-Eintrags bezieht sich in Bezug auf tendenziell positive Formen von Geschichten etwa auf die sogenannten Qualitätsfernsehserien, die wir bereits zuvor kurz behandelt haben. Er bezieht sich aber auch hierauf: Egal wie man dazu (zur Qualität des TV-Formates) steht, aber sicherlich taugt der sonntägliche Tatort in Deutschland in Teilen dazu — insbesondere weil er, entgegen der Segmentierung unserer Gesellschaft (immer kleinteiligere soziale und/oder kulturelle Gruppen haben eigene Kommunikationskanäle oder Foren, können sich nun unversteckt, d. h., freiheitlich, äußern), eine Vielzahl Zuschauer über diverse Milieu-Grenzen hinweg erreicht, das Thema der Sendung im Vorfeld, im Kreis der Zuschauer (beim Kneipen-Public-Viewing), aber auch am Montag auf der Arbeit etwa diskutiert wird.
Dann: Geschichten können in jedem Alter schlicht unterhaltsam sein. Unterhaltung ist wichtig, um einen Ausgleich zu finden. Dennoch triggert der Begriff »Unterhaltung« ein weiteres Klischee:
»(Das ist bloß Unterhaltung!)«
Unterhaltung ist — entgegen der reflexhaften Abwertung — nicht per se trivial: Entspannung ist ein lebensnotwendiges Anliegen, um wieder erfolgreich arbeiten zu können, sich Problemen (der Welt) durch einen Ausgleich zu stellen. Dann ist Unterhaltung auch deswegen nicht schlecht, weil sie den Märchen unserer Kindheit ähnlich als parabelartiges Gewand dienen und auf diesem Wege wichtige — künstlerisch-kritische — Botschaften eingängiger vermitteln kann. Oft fällt es Menschen leichter, sich mit Problemen anderer (gar im Falle von Science-Fiction: anderer Planeten) auseinander zu setzen als mit der eigenen Realität. Oder eine Tragikkomödie stellt sich, trotz Lachern, einem ernsten Thema.
Klar, ob diese Reflektion relativ direkt (im Tatort) oder über den skizzierten Umweg wirklich fruchtet, steht auf einem anderen Blatt. Wie oben beschrieben ist der Glaube, man zeigt etwas/kritisiert etwas und dann verändert sich das Verhalten der Menschen zum Besseren, eher ein (künstlerischer, vielleicht aus naiver) Wunsch: Deshalb und dennoch ist er einen Versuch wert!
Und schließlich ist Unterhaltung auch deshalb nicht pauschal abzuwerten: Sie beinhaltet nämlich per definitionem Anspruch — für Geschichtsinteressierte (im Sinne von historischen Ereignissen) sind Geschichtsmagazin nicht bloße Information, sondern eben Unterhaltung. Genauso wie Rätsel zu lösen, eben eine unterhaltsame Dimension haben kann für all jene, die gerne rätseln. Unterhaltung ist also, was unterhält und damit ein persönliches Phänomen. Sie ist also komplex, weil es sie nicht per se gibt, sie eine individuelle Größe ist; dann ist sie komplex, weil Komplexität unterhalten kann.
Die beliebte Unterscheidung von Unterhaltung auf der einen und Information auf der anderen Seite ist in Teilen also eine theoretische. Praktisch kann Unterhaltung informieren (als ebenfalls vorschnell abgewertetes Infotainment) und Informationen können unterhalten (Geschichtsinteresse).
Und Unterhaltung ist auch deshalb nicht zu trivialisieren, weil hinter ihr eben auch Arbeit stehen kann: Klar mag man darüber diskutieren können, ob manch voyeuristisches Werk oder die immer gleichen Motive, Klänge, Textzeilen billiges Anbiedern und Geldverdienen sind. Es ist aber gleichsam nicht immer so einfach, den Geschmack vieler zu treffen — gerade heute können sich vielfältige Gruppen ausleben und selbst organisieren. Und das ist natürlich nicht Schlechtes, sondern in diesem Sinne ein Herausforderung: Nicht selten fordern all die Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen spezifische (Medien-)Werke ein usw. Nicht von ungefähr scheitern daher manche Blockbuster etc., obschon sie alle gerade populären Zutaten beinhalten.
Aber ohnehin ist dem im Unterhaltungs- wie auch im Kinderzitat mitschwingendem Erzählen bzw., in Verbindung mit diesem, bestimmten Geschichten nicht zu »entkommen« — auch das ist hier bereits zu zeigen versucht worden: Gesellschaftsverträge, die »Regeln« des Supermarkteinkaufs, das Konzept der Ehe, das der ärztlichen Befragung, gar die Straßenverkehrsordnung … all diese Elemente sind in gewissen Maßen Erzählungen!
Nochmal: Angesichts solcher in der Zitate-Zwischenüberschrift ersichtlichen — aus Perspektive des Autors dieses Blogs verbreiteten — Fehleinschätzungen ist Medienkompetenz auch bei Erwachsenen dringend von Nöten, sogar eine erweiterte Form: nicht nur auf Medien im Sinne von Buch, Film etc. bezogen, sondern auch auf Straßen, Gebäude etc.
Das Ausbleiben von auch kurzfristen Erklärungsversuchen — wie Medien allgemein funktionieren, wie konkrete Medien zu handhaben sind — hat nämlich Konsequenzen: über die genannten, produkt- oder werkbezogenen Beispiele (typografische Sünden etc.) oder ersten Äußerungen persönlich-sozialer Form wie etwa das extremismusanfällige Sprechen von »den Medien« hinaus. Zum Beispiel das Problem einer nur begrenzten Selbstdisziplin: etwa im Café — trotz Begleitung — nicht vom Handy lassen zu können. Manchmal gelingt es jüngeren Leuten, weil sie mit der Technik und ihrer Handhabung aufgewachsen sind besser, mal das Gerät abzustellen als älteren Menschen. Wobei hier erstens noch in allen Altersgruppen Ausbaubedarf besteht — wir haben ja schon gesehen, dass etwas von klein auf Verinnerlichtes meist Teil des Unterbewusstseins wird und damit oft gar nicht erklärt oder gesteuert werden kann.
Vielleicht ist dieses Ziel (also eine mediale/eine ästhetische Bildung) erreichbar mit der oben angesprochenen Kommunikations- bzw. Medienerziehung in einem entsprechenden Fach. Dann soll hier — wie auch im übrigen Eintrag, gar Blog — keine Sündenbockdenken zelebriert werden: Hier geht es nicht um die »böse« Technik, es geht nicht um den unfähigen Anwender. Es geht vielmehr um ein Netz — Medien üben Einfluss aus, wir aber auch auf sie bzw. wir können sie in diesem Sinne, in einem gewissen Rahmen, kontrollieren. Was hier — in dieser Zitate-Sammlung — und im gerade skizzierten Sinne nicht fehlen darf, ist dennoch eine im gewissen Maße gegenwärtige oder im Aufkommen befindliche, soziale Schere: die zw. jüngeren und älteren Menschen/Mediennutzern — eine Schere, die sich manchmal so äußert:
»(Smartphone? Internet? Brauch’ ich nicht!)«,
sagen jene, die beides nicht benötigen, weil sie nicht erreichbar sein wollen, keinen Ad-hoc-Informationszugang benötigen, andere Medien bevorzugen — eine legitime Entscheidung (≈ ()). Derartiges sagen aber auch — als vorauseilende, aber unbewusste Entschuldigung — jene, die Angst vor den Geräten/dem Medium haben, beides nicht verstehen oder beides nicht beherrschen. Oft handelt es sich dabei leider um Menschen älteren Semesters: Gerne verstricken sie sich dabei in kuriose Aussagen, wie die Notwendigkeit derartiger Geräte/Medien anzuzweifeln — es ginge ja auch früher ohne! Klar, es geht sicherlich auch ohne Wasser aus dem Wasserhahn — das ist polemisch: Verzeihung!
Klar, mag man glauben dürfte, diese ganze Technik ist eine Wohlstandskomponente, eine Mode — aber: Der auch für ältere Menschen ggf. mögliche Gewinn an Lebensqualität/an gesellschaftlicher Teilhabe wird damit — ohne Probe dieser Medien — von vornherein ausgeschlossen. Es ist daher nötig, die Eigenarten und Vorteile von Medien besser zu kommunizieren, um Hemmschwellen zu minimieren … und um den ewigen Kreislauf der Angst vor dem Neuen zu durchbrechen! Wenn auch das wieder nur ein Ideal oder Wunsch ist …
»(Medienforschung: Wir sind interdisziplinär, wir haben mehrere geisteswissenschaftliche Felder kombiniert.)«
Ist es schon interdisziplinär aus mehreren Theoriefelder heraus oder verschiedene Medien zu erforschen? Ja und nein. Natürlich erfordern verschiedene medienbezügliche Felder eine Einarbeitung, für Arbeitsgruppen oder Projekte, die aus unterschiedlichen medienbezogenen Forschungsdisziplinen stammen. Dieser Prozess vermag sicherlich strenge, etwa auf klassische Konzepte von Medien (wie Film oder Buch) beschränkte Vorstellungen/die vielleicht begrenzte Sichtweisen Einzelner zu erweitern.
Echte Interdisziplinarität ist aber eher aus der Betrachtung von mindestens zwei Seiten einer respektive der medialen Medaille zu ziehen. Es ist schon vielfach in diesem Eintrag behandelt worden, dass der Glaube verbreitet ist, Kommunikation und damit verbunden die Handhabung von Medien seien ganz natürliche Fähigkeiten — ähnlich dem Atmen. Mit der Beschreibung von Kunst und Design, ja mit den anderen verbreiteten, aber fragwürdigen Aussagen, wurde versucht zu zeigen, dass diese Annahme nicht zutrifft, oft sogar fatal ist, da sie zur Selbstüberschätzung führt. Und daher muss auch an dieser Stelle noch einmal gesagt werden, etwas zu analysieren und etwas selbst zu machen, sind zwei Paar Schuhe.
Es wäre also wichtig, einen rein theoretischen Werdegang zumindest durch einige auch praktisch geprägte Erfahrungen zu ergänzen oder mit Experten anzureichern. Dennoch ist echte Interdisziplinarität nur selten zu beobachten — an Universitäten gehören zu den real interdisziplinären Größen in diesem Sinne meist vor allem Prominente, denen dann Lehraufträge angetragen werden, sodass diese aus ihrem praktischen — kommunikativen oder medialen — Alltag erzählen bzw. Dementsprechendes vermitteln. Wohl auch, weil sie als bekannte Figuren das Renommee der Institution unterstreichen sollen. Abseits davon ist — so zumindest die Wahrnehmung des Autors dieses Blogs — echte Interdisziplinarität selten zu finden. So werden in einer Institution/in einer Professur, die sich u. a. der Erforschung Werbetreiber widmen will, sehr wahrscheinlich keine in der Promotion befindlichen oder promovierte Werber als Postdoc anzutreffen sein.
Woran liegt das? Der Autor dieses Blog-Eintrags will nicht zu sehr spekulieren, noch pauschalisieren, aber auch hier liegt seiner Meinung nach etwas vor, was ganz zu Anfang dieses Eintrages behandelt wurde: nämlich eine gewisse Furcht. Hier vor allem, dass die eigene — eben aus der Distanz gewonnene — Sichtweise nicht standhält, mit der Praxis-Perspektive ganz andere Eindrücke aufkommen könnten. Der denkbare Gewinn einer echten Interdisziplinarität wird also womöglich einer unwissenschaftlichen Gefühlslage geopfert. Und in einem weiteren Schritt die Erkenntnisse einer manchmal unbedarften, weil eben nicht die andere Seite der Medaille kennenden, Analyse: So wurde bezüglich der vielfach gepriesenen TV-Serien nicht nur im Feuilleton, sondern in der Wissenschaft vor 5–6 Jahren euphorisch von einer Wende hin zur Kunst und Hochkultur gesprochen. Es soll gar nicht behauptet werden, dass dieser Umbruch nicht standfand — dass sogenannte QTV-Formate künstlerisch-kritische Werke sind, haben wir oben gesehen. Aber es überraschte den Autor dieses Blogs schon damals sehr, dass viele wissenschaftliche Autoren sich von einem geschickten Marketing vereinnahmen ließen und die kommerziellen Aspekte rigoros ignorier(t)en. Da wurde etwa — aus der Beobachtung etwaiger Gespräche durch den Autor dieses Blogs — begeistert von der narrativen Relevanz des Cold Opens (manchmal auch Teaser genannt) gesprochen, weil es eine Episode ad hoc und in medias res beginnen lässt. Dabei wurde übersehen (ignoriert?), dass die Strategie auch eine entsprechende Bindung erzeugen soll, sodass — ganz auf Werbeeinnahmen abzielend — der Zuschauer nicht wegschaltet.
Jetzt werden Sie — zu Recht — einwenden, »das ist doch gar nicht zu selten«. Das und jenes wird im Rahmen von Ausbildung oder Studium, als Teil eines Gesamtpaketes also, durch Personen vermittelt, die den Beruf analog zum Gesamtpaket nicht ausüben, ihn nie ausgeübt haben. Oder der Fall von Unternehmensberatern: oft noch relativ jung, gar ohne sonstige Berufserfahrung. Die großen, international agierenden Agenturen treten dennoch selbstsicher bis überheblich auf, suggerieren zumindest souveräne Expertise.
Allen Zwischentönen zum Trotz ist die Prämisse dabei, durch einen frischen Blick/von Außen/aus der Distanz heraus neu Impulse setzen oder schlicht Probleme identifizieren zu können, nicht falsch, sondern oft häufig äußerst ertragreich — eben auch in Bezug zur Medienwissenschaft. Daher werden hier Klammern gesetzt.
Ob diese auf Abstand fußende Methodik aber immer funktioniert oder man sich hinreißen lassen sollte, nur so (als aus einer distanzvollen theoretischen Perspektive heraus) zu agieren, ist eine andere Frage: Für die Medienwissenschaft haben wir eine denkbare, und zwar fragwürdige Tendenz beispielhaft erläutert. Im Falle des (im Zuge der Beratermengen 2019 in die Kritik geratenen) Bundesverteidigungsministeriums ist vielleicht unabhängig der Güte etwaiger Beratungsvorschläge die letztliche Entscheidung oder die Umsetzung etwaiger Maßnahme nicht immer im Sinne der Beratung gelungen. Anderseits hat das Unternehmenberaten einen partiellen Konstruktionsfehler. Ohne hier pauschalisieren zu wollen: Sicherlich gibt es viele Beratende, die ernsthaft etwas für Ihre Kunden zum Positiven wenden wollen. Dann aber wird es auch solche geben, die die Probleme nie so wirklich lösen, höchstens dem Anschein nach, denn im Fall einer Lösung würde ja der eigene Auftrag und damit die Geschäftsbeziehung obsolet werden.
Jedenfalls ist zusammenfassend — wiederum auch auf geisteswissenschaftliche Theorie bezogen — Distanz eine durchaus sinnvolle wie zugleich bisweilen fragwürdige Methode und Haltung, aber nicht die einzige. Aus Erfahrung des Autors dieses Blogs ist eine weitere Methode ähnlich zielführend wie problematisch — die Methode »Nähe«. Vieles wird nämlich nur oder erst durch eigene Erfahrungen verstanden oder zumindest anhand der Simulation selbiger: So ist Empathie zwar ein beliebtes Schlagwort, vielleicht eine soziale Kompetenz. Aber das eigentliche Vermögen, sich in andere hineinzuversetzen, ist (so wiederrum die persönliche Erfahrung) nur bei wenigen Menschen tatsächlich zu finden. Aus Sicht des Autors dieses Blogs ist sie aber tranierbar — zum Beispiel durch das »Eintauchen« im Rahmen fiktionaler Werke, wo wir verschiedene Menschen erleben, sich vielleicht in sie hineinversetzen können. Und auf eine wissenschaftliche Erfassung der Medien bezogen: Erst die praktische Arbeit in Gewerken der Gestaltung kreiert Erfahrungswerte und ein Bauchgefühl — dies alles ist für einen umfassenden Einblick in das Mediale wichtig, genauso wie ein theoretisches Verständnis der Materie.
Klar, die geringe Distanz erschwert die Reflexion dessen, was passiert und kann geradezu — nochmal auf das Beispiel Unternehmensberatung bezogen — betriebsblind machen. Zumindest wird es schwer, immer alles in Worte zu fassen. Ganz im Sinne des Begriffs »Interdisziplinarität« wäre also eine Kombination aus Praxis und Theorie, auch im Personalstamm Forschender das Ideal.
»So, das war die Datenschutzerklärung. Tut mir leid — danken Sie Brüssel!«,
ist ein plumpe, klischee-fördernde Aussage, die etwa bei Fototerminen im Rahmen von Festivitäten etc. jüngst zu hören ist. Auch wenn hier keine Rechtsberatung durchgeführt wird oder werden soll, geht es kurz darum, dass das Fotografieren von Menschen ein Einverständnis der oder des Abgebildeten voraussetzt. Ggf. erfordert das Ganze sogar eine Unterschrift oder ein Filmen der Belehrung, sodass der oder die Fotografin dieselbe belegen kann. Widerrufslisten können und sollten anschließend ausgelegt werden.
Aber das alles ist nicht erst sei 2018 so zu machen, sondern hätte auch vorher schon der Fall sein müssen — ein Großteil der EU-Vorgaben war in Deutschland auch vorher schon in Kraft. Zugegeben, häufig waren diese Rechte abseits professioneller Größen nicht sehr bekannt, erst mit den öffentlichen Diskursen der letzten Jahre und der Frucht vor (bisweilen unseriösen) Abmahnungen (als Geschäftsmodell) hat sich dies geändert bzw. dadurch sind die Rechte einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Mit der bisweilen eher undifferenzierten Reaktion in Form von Ängsten und Überforderung verbunden, weil es scheinbar früher nicht so kompliziert war.
Brüssel zu einem Sündenbock zu deklarieren, kündet entweder davon, den Umstand, dass sich nicht viel geändert hat, tatsächlich nicht zu wissen. Vielleicht zeigt sich hier, dass kein gelernter Profi am Werk ist. Oder hier wird versucht, die Belehrung »geschickt« (aber wenig wahrheitsgetreu und gesellschaftsverantwortlich) auf den bedauerlicherweise beliebten Sündenbock »EU« abzuschieben, um den Unmut über die Formalie nicht auf den Fotografen/die Fotografin zu ziehen. Es ist hier nicht der Ort, um über manch Kuriosität aus Brüssel zu diskutieren, aber viele Stereotypen, Sündenböcke und Klischees werden mit so einem Sprechen nur bedient und eine sich derzeit verbreitende — radikalisierende — Sprachkultur fortgesetzt. Eine Umgangsform, die, über bloßen Streit hinaus, ein gemeinsames Miteinander oder den für eine Demokratie wichtigen Kompromiss gefährdet.