Geht es Ihnen ähn­lich? Digi­ta­li­sie­rungs­talks und ‑dis­kus­sio­nen sowie mit einem eben­sol­chen Attri­but ver­se­hene Mar­ken­be­griffe aller­seits: »digi­tale Moto­ren«, »digi­ta­les Manage­ment«, »Digi­ta­li­sie­rung macht dick!«, »Schu­len müs­sen digi­tal wer­den, sie brau­chen Tablets!« … Man fühlt sich an das all­ge­gen­wär­tige »2000« kurz vor der Jahr­tau­send­wende und oft damit ver­wech­selt erin­nert: In wes­sen Nach­bar­schaft gab es da nicht einen ent­spre­chen­den Döne­r­im­biss mit der Zahl als Zusatz im Namen? Viel­leicht kom­men bald die digi­ta­len Döner …

Die einen wol­len mit »Digi­ta­li­sie­rung« mah­nen und war­nen, die ande­ren hipp und als Macher »mit Zukunft im Blick« rüber­kom­men. Poli­ti­sche Bera­ter, wohl regel­mä­ßig Kom­mu­ni­ka­tion ohne fun­dierte oder stu­dierte Basis an Mann und Frau brin­gen wol­lend, schei­nen für den schnel­len Effekt zu emp­feh­len, alles auf die Digi­ta­li­sie­rung zu schie­ben. Wohl oft, ohne zu wis­sen, was der Begriff eigent­lich meint oder ob er über­haupt eine Bedeu­tung hat und ohne die lang­fris­tige — fatale — Wir­kung der Digi­tal-Flos­kel zu erfassen. 

Das Gesagte ist eine Ver­mu­tung, nicht mehr, nicht weni­ger. Aber wie sollte man sonst erklä­ren, dass Digi­ta­li­sie­rung zum Man­tra wird? Das geschieht womög­lich in der mut­maß­li­chen Hoff­nung, Nach­fra­gen (à la »Wie genau wird das und jenes umge­setzt?) mit dem abs­trak­ten Begriff unwahr­schein­li­cher zu machen. Der Begriff lädt zwar eine, dass ein/e jede/r dar­über spre­chen kann, und doch strahlt er womög­lich die Aura aus, dass man nicht viel zu ihm sagen sollte. Das alles mag als (kurz­zei­ti­ger) Effekt frucht­bar sein — zw. Beru­hi­gung und Auf­rüt­teln. Dabei wird aber eine lang­fris­tige Chance ver­passt, bis­he­rige Umbrü­che zu erklä­ren und auf abseh­bare Ver­än­de­run­gen sinn­voll vorzubereiten. 

Fakt ist (und damit hinkt der Döner-Ver­gleich) Digi­ta­li­sie­rung »kommt« als Gan­zes nicht mehr, wie Ende der 1990er die 2000-Marke erwar­tet wurde. Digi­ta­li­sie­rung kommt in wei­te­ren Phasen/es kom­men wei­tere Pha­sen von ihr. Die Anfänge sind in diver­sen Pro­fes­sio­nen, gar im All­tag längst voll­zo­gen und eta­bliert: Digi­tale Video­be­ar­bei­tung bei­spiels­weise ist bis­wei­len mehr als 35Jahre alt und leis­tungs­starke, mobile End­ge­räte heute quasi in jeder Hand. Die Digi­ta­li­sie­rung wurde in Deutsch­land ein­fach, bitte ver­zei­hen Sie die For­mu­lie­rung, ver­pennt. Ins­be­son­dere auf staat­li­cher Seite ist man oft nicht mal über Anfangs­pha­sen hin­aus­ge­kom­men: Haben Sie schon ein­mal wirk­lich gelun­gen per E‑Mail mit einer Behörde kom­mu­ni­zie­ren kön­nen? Über­haupt eine Ant­wort erhal­ten (und dann noch freundlich)? 

Der Aus­bau etwa­ige Netze ist gewiss ein schwie­ri­ges Unter­fan­gen, da Pro­teste sich nur so anein­an­der­rei­hen. Nicht zuletzt, so darf ver­mu­tet wer­den, auch, weil über Digi­ta­li­sie­rung so wenig bekannt ist: Weil der Begriff gerade bei älte­ren Men­schen Angst her­vor­ruft. Auch des­halb, weil sich krude The­sen aller­seits ver­brei­ten, sich eine Anfäl­lig­keit dahin­ge­hend zeigt, die nicht zuletzt auch mit dem im Fol­gen­den behan­del­ten Man­gel an Medien- und damit Digi­tal-Kom­pe­tenz zusam­men­hängt. Gleich­sam ist nicht alles digi­tal, nur weil es digi­tal ist — das Home-Office wäh­rend der Corona-Welle im ers­ten Halb­jahr 2020 hat, neben Team-Soft­ware und E‑Mail, nicht zuletzt Tele­fone glü­hen las­sen. Solch Tele­ar­beit kommt auch ganz ohne Ein­sen und Nul­len aus bzw. war bereits vor der Digi­ta­li­sie­rung mög­lich. Aber rich­tig, Digi­ta­li­sie­rung wird noch viel ver­än­dern — da ist die Erspar­nis an Büro­flä­che durch das Home-Office nur ein klei­ner Vor­ge­schmack zur Stel­lungs­trei­chung gerade in der Verwaltung …

Und damit muss die pro­vo­kante Über­schrift natür­lich rela­ti­viert wer­den: Wir müs­sen uns mehr mit Digi­ta­li­sie­rung beschäf­ti­gen, denn sie ist noch lange nicht am Ende bzw. abge­schlos­sen. Sie ist aber gleich­sam mehr als ein Vier­tel­jahr­hun­dert im Gange, sie ist mehr als Nul­len und Ein­sen, sie ist mehr als Tech­no­lo­gie, denn Sie wird mehr denn je soziale Ver­än­de­run­gen mit-bedin­gen, denn wir soll­ten mün­dig mit dem all­sei­ti­gen — gelinde gesagt häu­fig hoh­len — Spre­chen von Digi­ta­li­sie­rung umge­hen kön­nen. Daher ist es wich­tig, mehr über Digi­ta­li­sie­rung zu wis­sen. Das wird hier— dem For­mat »Blog­bei­trag« ent­spre­chend — nur in Tei­len gelin­gen. Den­noch: Die These dabei ist, den abs­trak­ten Begriff aus Per­spek­tive von Kom­mu­ni­ka­tion und Medien zu erklä­ren. Denn oft, so die Beob­ach­tung des Autors die­ses Blog­ein­trags, geht es, wenn von Digi­ta­li­sie­rung gespro­chen wird, um Kom­mu­ni­ka­tion (die übri­gens ja immer auch soziale und tech­no­lo­gi­sche Aspekte berührt).

Digitalisierung? Das sind vor allem Medien, das ist Kommunikation

Wirk­lich? Medien? Ja, viele von dem, über das in der Digi­ta­li­sie­rungs­de­batte gestrit­ten wird, das mit Digi­ta­li­sie­rung bezeich­net wird, fällt eigent­lich unter die Begriffe »Medien« bzw. wei­ter­füh­rend »Kom­mu­ni­ka­tion«. Aber Vor­sicht, auch der Begriff »Medien« hat eine ähn­lich pro­ble­ma­ti­sche Nut­zungs­ge­schichte wie der der Digi­ta­li­sie­rung. Bevor wir dazu kom­men, sollte der Begriff »Medien« mit Inhalt gefüllt wer­den: Bücher, Filme, das Tablett, um Bücher zu rezi­pie­ren, am Unter­richt teil­zu­neh­men — all das sind Medien. Und viel davon sind heute digi­tal: die App, das Betreib­sys­tem auf dem Smart­phone, die Daten­über­tra­gung, Bil­der, Videos — alles in Ein­sen und Nul­len zerlegt. 

Oft sind diese Bei­spiele natür­lich sehr typi­sche Medien; es lohnt sich, »Medien« in einem weit gefass­ten Sinne und auf dif­fe­ren­ten Stu­fen zu begrei­fen: Luft ist ein Medium, damit akus­ti­sche Infor­ma­tio­nen über­tra­gen wer­den kön­nen — das klappt im Vakuum bekannt­lich nicht. Der Mensch ist an sich min­des­tens ein Medium: Hier ver­hal­ten wir uns so, dort anders … So gese­hen ist er ein mehr­fa­ches Medium. In Urzei­ten gab es oft nur das Mensch-Medium, wel­cher als Erzäh­len­der etwa­ige (für eine Gemein­schaft wich­tige) Mythen, aber auch Erfah­run­gen oder kon­kre­tes Wis­sen wei­ter­ge­ben konnte. Bild­ge­schich­ten, Schrift oder andere Spei­cher­ein­hei­ten waren noch nicht vor­han­den. Dann ist Spra­che ein Medium, inso­fern es ein von Kon­ven­tio­nen bestimm­tes Sys­tem ist, inner­halb des­sen sich die Wahr­schein­lich­keit eines Aus­tau­sches zumin­dest etwas erhöht. Jeder kennt das, spricht man nicht die­selbe Spra­che, kann es schwer wer­den (oft hilft, dann nur der Umstand, dass man als Mensch unter Men­schen doch eine par­ti­ell gemein­same Basis besitzt). 

Bild, Text und Ton sind soge­nannte »Basis­me­dien«. Dann wäre da zum Bei­spiel das Medium »Buch« — ver­schie­dene Papier­sor­ten und For­mate, Lay­outs, Typo­gra­fie, die das Werke unter­stüt­zen oder ihm Aus­druck ver­lei­hen. Oder es quasi sabo­tie­ren: Den­ken Sie an die schu­li­schen Heft­chen bzw. Bücher wahn­sin­nig klei­ner Schrift. So etwas bestimmt das Erleb­nis wäh­rend des Lesens mit bzw. das Ein­tau­chen in eine Geschichte. In jedem Fall geht ein distink­tes Rezep­tion- oder bes­ser Kom­mu­ni­ka­ti­ons-Erleb­nis von die­sem Medium aus. Dazu gehö­ren bestimmte Pro­duk­ti­ons- und Ver­mark­tungs-Struk­tu­ren — Ver­lage, Lek­to­ren, Buch­preis­bin­dung etc. Film als ein wei­te­res Medium ist da anders, bie­tet ein ande­res Erleb­nis usw. 

Dann ist da ein kon­kre­tes Werk, durch­aus auf zwei Ebe­nen: Blei­ben wir beim Medium Buch und neh­men wir mal Goe­thes Faust — es ist ein Werk eines kon­kre­ten Künst­lers bzw. Dich­ters, aus der Feder besag­ten Goe­thes: Ein­mal als auf­wen­dig illus­trier­tes Buch, ein­mal als digi­tale Datei, als E‑Book zum Bei­spiel kann es vorliegen.

Um Digitalisierung zu verstehen, muss man Medien bzw. Kommunikation verstehen

Wie hof­fent­lich bereits ersicht­lich wer­dend: Begreift man Medien in einem weit­ge­fass­ten Sinne, wird ihre Bedeu­tung bes­ser offen­bar, ja sogar ihre Wir­kung. Und wie gleich noch wei­ter ersicht­lich wer­den soll: auch die Bedeu­tung und Wir­kung des Digitalen. 

Sicher­lich wer­den beide Begriffe — also Medien und Digi­ta­li­sie­rung — damit nicht der­art kon­kret, dass sie in eine oder jeweils eine Schub­lade pas­sen. Das sol­len Sie auch nicht — Schub­la­den sind, so die Erfah­rung des Autors die­ses Blog­ein­trags, nicht die Ant­wort auf nebu­löse Begriff­lich­kei­ten. Denn das wäre letzt­lich eine Ver­zer­rung nur in die andere Rich­tung: Was vor­her belie­big ist, wird mit Schub­la­den oft zu sehr in ein Kor­sett geschnürt. Beide Begriffe blei­ben — wie im Fol­gen­den zu sehen sein wird — also offen, sol­len aber ver­ständ­li­cher werden. 

Und nein, bitte nicht in das infla­tio­näre »Die Medien mani­pu­lie­ren!« ver­fal­len. So sehr von den Aus­ru­fen­den sol­cher Behaup­tung auch geglaubt wird, dass solch eine Mani­pu­la­tion all­ge­gen­wer­tig sei, so sehr muss dann auch jedes Gespräch an einer Bus­hal­te­stelle als Mani­pu­la­tion ver­stan­den wer­den — etwa, wenn man jeman­den von einer Mei­nung über­zeu­gen will oder jeman­den über­re­den will, die eigene zu tei­len. Dann ist da zum Bei­spiel das Tür­auf­hal­ten … Wir wer­den sehen, Ein­fluss ist da, aber ange­sichts viel­fäl­ti­ger Anbie­ter und der Kom­ple­xi­tät von Kom­mu­ni­ka­tion ist sel­bi­ger nicht pau­schal als wirk­sam anzu­neh­men. Zudem sind Medien (nicht nur redak­tio­nell — dazu gleich) hier­zu­lande rela­tiv frei­heit­lich und unabhängig.

Also: »Medien« meint zunächst etwas Dazwi­schen­ste­hen­des. Und dazu tau­gen auch die digi­ta­len Hin­ter­gründe oder Erschei­nun­gen, sprich Medien: »Ein­sen und Null sind heute meist immer irgendwo dazwi­schen!«, könnte man ana­log (wohl­ge­merkt ver­ein­facht) sagen. In einer ver­brei­te­ten Vor­stel­lung steht das Digi­tale bzw. Mediale also »dazwi­schen«, wäh­rend eines Trans­ports von etwas — einem Inhalt und einer Mes­sage von A nach B. 

Und diese Vor­stel­lung — wie weit ver­brei­tet sie auch sein mag — wol­len wir gleich hin­ter uns las­sen. Medien sind keine Con­tai­ner: Je Medium ver­än­dern sie die Mes­sage, je Medium neh­men die Medien Ein­fluss auf Emp­fän­ger und Sen­der gleich­zei­tig. Das Medium »Zug« zum Bei­spiel — wie gese­hen Medien sind viel mehr, als meist ange­nom­men wird, es hilft sol­che Bei­spiele zu nut­zen, um Medien zu ver­ste­hen: Die Fahrt bzw. wie sie ver­läuft — die Sau­ber­keit, die Pünkt­lich­keit — neh­men Ein­fluss auf die Laune des Rei­sen­den. Und damit nicht sel­ten auf die, wel­che ihn empfangen. 

Dann kann es ganz banal schlech­ter Emp­fang sein, der das Trans­por­tierte ver­än­dert — als Bild­stö­rung, nied­rige Auf­lö­sung eines Streams. Sol­che Ver­än­de­rung kann aber auch jen­seits einer rein tech­ni­schen Ebene ver­stan­den wer­den: Twit­ter nötigt kurze — manch­mal zu kurze — Mes­sa­ges auf: der begrenz­ten Zei­chen­zahl hal­ber. (Der Drang zur Ver­kür­zung und Pro­vo­ka­tion ange­sichts einer Flut von Ange­bo­ten, einem Rau­schen, ist oft über den Effekt hin­aus pro­ble­ma­tisch, weil ver­zer­rend, gar irreführend.) 

Ein Buch in Print­form kann mit spä­ter sen­ti­men­tal wir­ken­den Esel­oh­ren ver­se­hen wer­den, wäh­rend ein E‑Book eine Such­funk­tion hat; ein DVD bleibt recht kon­stant in ihrer Qua­li­tät und kommt ggf. mit Menüs daher, eine VHS-Kas­sette ver­schleißt, bis der Film kaum noch zu betrach­ten ist, hat aber auch diese 90er-Jahre- / Home-Video-Atmo­sphäre. Etwas in Text zu sagen, ist anders als mit einem Bild. Kopie für Kopie ver­än­dert sich der Inhalt und viel­leicht auch die Inter­pre­ta­tion — ken­nen Sie noch »Stille Post«?

Ins­ge­samt sind Medien — quasi über ihre Eigen­ar­ten hin­aus bzw. je Eigen­art spe­zi­fi­sche —Spie­gel oder Abbil­der der Welt. Man könnte zum Bei­spiel sagen, Bücher reprä­sen­tie­ren das mensch­li­che Bedürf­nis etwas über das indi­vi­du­elle Gehirn (und seine Anfäl­lig­keit — z. B.: Ver­klä­rung der Ver­gan­gen­heit) hin­aus zu spei­chern. Und den­noch sind Medien eine auf die oder eine Welt ein­fluss­neh­mende Größe. Das heißt eben auch, an ihnen kann man able­sen, wie die Welt tickt. Und ja, nicht nur Medi­en­kon­zerne betref­fend, schließ­lich kann mitt­ler­weile jeder weit­rei­chend kom­mu­ni­zie­ren. Inso­fern ist der Hass, aber auch die »Liebe« im Inter­net ein Spie­gel­bild gesell­schaft­li­cher oder welt­wei­ter Befind­lich­kei­ten. Und natür­lich — wie gesagt in einem Wech­sel­spiel — sind Medien Ein­fluss­grö­ßen: Das oft anonyme Inter­net kann der Mei­nungs­frei­heit im posi­ti­ven Sinne die­nen, aber auch Hass und Popu­lis­mus begüns­ti­gen — bei­des aber nicht pau­schal ver­ur­sa­chen. Übri­gens fürch­tete schon in der Antike Pla­ton — also lang bevor man sich über (digi­tale) Medien auf­regte —, dass mit der Schrift die Men­schen quasi dum­mer wer­den wür­den, da sie ihr Gedächt­nis weni­ger nut­zen müss­ten. Das kommt bekannt vor, oder? Heute eben ande­ren Ebe­nen entgegengebracht.

Gerade die Schat­ten­sei­ten des Net­zes sind ein belieb­ter Sün­den­bock, um vom eigent­li­chen Pro­blem abzu­len­ken — näm­lich einer Anfäl­lig­keit vie­ler Men­schen gegen­über einer (durch aus der gan­zen Welt berich­ten­den Medien, durch die zu Pro­du­zen­ten gewor­de­nen Indi­vi­duen) ganz oder zu nah oder über­man­nend emp­fun­de­nen Welt bzw. der gerin­gen Medien- und Welt­kompetenz, um diese Flut zu hand­ha­ben. Oder all­ge­mei­ner: Mit dem Sün­den­bock wird das aso­ziale Bedürf­nis vie­ler Men­chen, sich über die Abwer­tung ande­rer zu pro­fi­lie­ren, ignoriert.

Hier berührt das Ganze eben auch soziale Kom­po­nen­ten: Medien ver­bin­den und tren­nen bzw. Digi­ta­li­sie­rung tut das — weil man die Mei­nung der Autoren dort nicht teilt, weil man das Abo nicht hat. (Vor-digi­tale, digi­tale) Mas­sen­me­dien errei­chen große Publika und schaf­fen viel­leicht ein gemein­sa­mes The­men­feld über viele Men­schen und Grup­pen hin­weg. (Digi­tale) Medien wer­den dann klein­tei­li­ger und erlau­ben, einst in die­ser Masse über­se­he­nen Grup­pen und Indi­vi­duen, sich aus­zu­drü­cken. Bzw.: Sie las­sen sch als Ziel­gruppe anspre­chen. Gerade digi­tale Tech­nik macht uns ja in vie­ler­lei Hin­sicht ohne gro­ßen Auf­wand zu Kom­mu­ni­ka­to­ren — im Sinne, dass wir selbst Auf­wen­di­ges wie Dru­cker­pres­sen und Funk­mas­ten nicht benö­ti­gen. Die Post­kut­sche wird nach dem Post­auto dann schließ­lich durch digi­tale Tech­ni­ken wie E‑Mail oder eine Whats­app ersetzt, wie Soft­ware­lö­sun­gen womög­lich Ein­schnitte hin­sicht­lich der Stel­len­zah­len in der Ver­wal­tung bedeu­ten kön­nen. Das Mob­bing auf dem Schul­hof wird ins Inter­net erwei­tert, ver­la­gert oder erhält eine neue Dimen­sion. Men­schen, die ich frü­her wohl nie wie­der gese­hen hät­ten, kön­nen über tau­sende von Kilo­me­ter in Kon­takt mit­ein­an­der blei­ben, sich gar via Video eben mal sehen usw. Was dann viel­leicht auch eher begüns­tigt, wei­ter zu rei­sen, ent­fernte Stel­len anzu­neh­men etc. All das ist gewiss ambi­va­lent. Gerade Mob­bing etc. sollte gewiss nicht hin­ge­nom­men wer­den, gleich­sam wäre es — das wis­sen Sie alle — anzu­neh­men, es könnte abge­stellt wer­den. Medien­kompetenz ist also auch ein reflek­tie­ren dar­über, wie wir mit­ein­an­der (bes­ser) umge­hen können.

Ins­ge­samt ist Kom­mu­ni­ka­tion und sind Medien wie Netz­werke zu ver­ste­hen. Wir sind an ihnen immer als Pro­du­zent und Sen­der glei­cher­ma­ßen betei­ligt, selbst in der »blo­ßen« Rezep­tion: Wir müs­sen ja das Medium bzw. Werk inter­pre­tie­ren — dabei kann die Mes­sage auch ganz anders gedeu­tet wer­den denn ursprüng­lich gedacht. Das Werk kann sich sogar dem Urhe­ber ent­zie­hen — ein Film wird nicht sel­ten ganz anders, als ihn sich die Macher vor­ge­stellt haben. Vie­les ver­läuft anders, gewinnt ein Eigen­le­ben. Heute kön­nen wir in Online-Wel­ten vir­tu­ell bis fak­tisch ein­tau­chen (fik­tive Wäh­run­gen, die mit rea­ler in einem Wech­sel­kurs ste­hen z. B.) — wer­den Teil einer Welt, die von vie­len (realen/virtuellen) Per­so­nen beein­flusst wird. 

Grund­sätz­lich ist das Erle­ben von Medien meist ein mehr oder min­der gemein­sa­mes — zusam­men mit ande­ren Rezi­pi­en­ten, den fik­ti­ven Figu­ren, den Autoren: Wenn wir einen Roman betre­ten, geschieht dies quasi wie am Rand eines Pools sit­zend: Mal mehr oder weni­ger im Hin­ter­kopf, dass es nicht in Gänze real ist, was wir lesen. Dann aber tau­chen wir par­ti­ell ein: Wir las­sen uns auf die Geschichte ein, wenn sie uns denn gefällt. Wir inter­pre­tie­ren das Werk eines/einer ande­ren, machen es zu unse­rem eige­nen; wir spre­chen im Unter­richt dar­über, mit Freun­den usw. und ko-kre­ieren oder ver­än­dern es wei­ter … Und das gilt nicht nur für Bücher — das Kli­schee, Bücher reg­ten pau­schal mehr Fan­ta­sie an denn andere Medien, ist mit Blick auf die soge­nannte Immersion stark zu bezwei­feln. Das Büro wird vom Chef/der Che­fin bestimmt, aber Sie als dort arbei­tende Per­son neh­men auch Ein­fluss auf die Arbeits­si­tua­tion — zumin­dest in gewis­sen Maßen. 

Inso­fern ste­hen Medien nicht nur zwi­schen uns, son­dern wir befin­den uns auch in ihnen. Das Vier­tel prägt uns, wir prä­gen das Vier­tel. Die Soft­ware grenzt bis­wei­len die Mög­lich­keit unse­rer Gestal­tung ein, wir geben Feed­back an die Her­stel­ler. Medien sind wie eine Flüs­sig­keit, in der man sich zeit­weise, mal mehr oder weni­ger real, vir­tu­ell etc. befin­det. Obacht: Diese Flüs­sig­keits­ana­lo­gie ist ein­gän­gig, aber sie ist bitte nicht zu wört­lich zu neh­men — oft genug sind ein­fa­che Bil­der hilf­reich, aber nur als ein einen Ein­stieg bie­ten­des Tool. Und so soll auch die­ses Bild hier ver­stan­den werden.

Damit ist erfolg­rei­che Kom­mu­ni­ka­tion sehr unwahr­schein­lich — weil man sie nicht ver­steht, die Geschichte einen nicht anspricht, das Design durch­fällt, die Mes­sage einem miss­fällt (sie also igno­riert wird), weil es so viele andere Ange­bote oder Blin­ken­des gibt … Oh, ein Katzenvideo! 

Wir kön­nen von Medien also über­mannt wer­den, aber nicht unbe­dingt … Auch darum schei­tern trotz groß ange­leg­ter Daten­er­fas­sung Filme, Wer­be­kam­pa­gnen und die damit zusam­men­hän­gen­den Pro­dukte. Das heißt nicht, es gibt keine Ver­ant­wor­tung bei pro­fes­sio­nel­ler Kom­mu­ni­ka­to­ren, es mahnt die Ver­ant­wor­tung aller an: fun­dierte Recher­che, eigen­stän­di­ges Infor­mie­ren auch des Publi­kums — da es in heu­ti­ger Zeit immer wie­der selbst zum Pro­du­zie­ren­den wird, hat es par­ti­ell eine ähn­li­che Ver­ant­wor­tung wie Pro­fis usw. Damit sind Begriffe wie Sen­der und Emp­fän­ger meist rein theo­re­ti­sche Konzepte.

Die Digitalisierung macht/tut Die Medien machen/tun — auch nicht besser

Mit den bis­he­ri­gen Aus­füh­run­gen im Hin­ter­kopf ver­lie­ren viele bekannte medien- und damit auch digi­ta­li­sie­rungs-bezo­gene Aus­sa­gen an Gül­tig­keit. Da es aber hier darum geht, pro­ble­ma­ti­sche Begriffs­auf­wei­chun­gen zu behan­deln, soll­ten wir dar­auf ein­ge­hen, was quasi regel­mä­ßig über Medien und mitt­ler­weile die Digi­ta­li­sie­rung gesagt wird: »Die Medien tun/machen / Digi­ta­li­sie­rung tut/macht…«, »Medien machen dick.« »Die neuen Medien« — um nur einige Stil­blü­ten zu nennen.

Die Medien kön­nen sicher­lich eine gewisse Selb­stän­dig­keit erreicht — das kennt jeder, der sich mal als Heim­wer­ker ver­sucht hat: Da kann das Pro­jekt, das man kre­iert hat, sich durch­aus ver­selb­stän­di­gen, einem als Urhe­ber quasi etwas auf­zwin­gen. Gemeint sind mit dem Aus­ruf eher popu­lis­ti­scher, min­des­tens ver­ein­fa­chen­der, oft eben den infla­tio­nä­ren Gebrauch des Begriffs nicht wirk­lich ver­ste­hen­der Spre­cher redak­tio­nelle Medien. Über­se­hen wird im Aus­ruf, dass es sich bei die­sen bzw. »den Medien« nicht um eine ein­zelne Per­son han­delt, son­dern um zahl­rei­che Indi­vi­duen, die auch Teil der Gesell­schaft sind, über wel­che sie sich so oder so äußern. Natür­lich sind da auch wirt­schaft­li­che Inter­es­sen anzu­tref­fen, genauso ist da in pro­fes­sio­nel­len Bran­chen eine Art Kodex zur Auf­klä­rung vor­han­den. Es mag jene, die Ver­ein­fa­chung her­aus­ru­fen, über­ra­schen: Ja, auch Kom­mu­ni­ka­to­ren auf sozia­len Medien sind Medi­en­ma­cher — da ist es gelinde gesagt para­dox, wenn sol­che Per­so­nen über »die Medien« schimp­fen oder ein You­Tuber (≈ ein Medi­en­star) mit pole­mi­schen und pro­vo­kan­ten Video-Titeln oder ‑Inhal­ten »Medien« angreift oder in Tei­len zurecht kri­ti­siert, es denn Kri­ti­sier­ten aber letzt­lich in vie­ler­lei Hin­sicht gleichtut.

Bei sol­chen Zuschrei­bun­gen wer­den Medien regel­mä­ßig zu einer Pro­jek­ti­ons­flä­che — im guten oder schlech­ten Sinne: »Sie machen aggres­siv!« in Bezug auf Com­pu­ter­spiele oder um die Jahr­tau­send­wende hin­sicht­lich des noch rela­tiv jung-eta­blier­ten Inter­nets: »Medium der Demo­kra­tie«. Nur am Rande, bei­des ist so pau­schal nicht halt­bar: Medien machen nicht ein­fach aggres­siv, selbst bei Gewalt­dar­stel­lun­gen (und deren Inter­ak­tion); ins­be­son­dere nicht pau­schal, wenn der oder die Ein­zelne nicht vor­be­las­tet ist. Auch zeigte sich für fun­diert Beob­ach­tende bereits in den soge­nann­ten Nuller­jah­ren, dass das Netz nicht nur in einer posi­ti­ven Weise demo­kra­tisch ist — Stich­worte »Betrü­ge­reien«, frühe Hetze usw. 

Heute sind wir mit ganz ande­ren Dimen­sio­nen von Hetze und Popu­lis­mus kon­fron­tiert. Das macht das Inter­net natür­lich nicht umge­kehrt pau­schal schlecht. Nüch­tern betrach­tet ist es ein Spie­gel wie oben beschrie­ben. Ein Spie­gel, der auch zeigt, dass es mit dem Ver­ständ­nis von Medien und damit auch Digi­ta­li­sie­rung oder bes­ser Kom­mu­ni­ka­tion nicht immer weit her ist: etwa auch die Ver­ant­wor­tung ande­ren Gegen­über, sie nicht maß­los zu belei­di­gen zum Bei­spiel oder nicht immer mit zwei Maßen zu agie­ren (also nicht immer ande­ren antun, was man selbst nicht ange­tan bekom­men möchte).

Nach­ge­ord­net viel­leicht sol­len mit »Medien« noch Buch, Film etc. gemeint sein. Wie gese­hen ist es sinn­voll, den Medi­en­be­griff etwa grö­ßer anzu­le­gen. Dann bräuchte es auch nicht einen Begriff wie »Neue Medien«: Diese sind ja schließ­lich bis­wei­len 25 Jahre alt. Klar, der Begriff ist eta­bliert, da kann man nicht mehr viel dran machen. Auch an andere Stelle wird ja ent­spre­chend ver­fah­ren: In der Geis­tes­wis­sen­schaft löst ein Post-Zeit­al­ter das andere ab. Nichts­des­to­trotz sollte man wis­sen, dass auch diese Wort­schöp­fung pro­ble­ma­tisch ist. Neben dem Ver­falls­da­tum des Begriffs »neu« (Was sind dann noch neuere For­men? »Neuere neue Medien«?), sind Inter­net etc. ja oft Medien in einem eher abs­trak­ten Sinne. Schub­la­den wie Buch, Film, Inter­net funk­tio­nie­ren nicht neben­ein­an­der oder nur sehr bedingt, weil das Inter­net eher ein über­ge­ord­ne­tes bzw. umfas­sen­des Sys­tem ist: Es besteht näm­lich aus Text, Bild, Ton, Video (wel­che wie­der­rum aus ver­schie­de­nen Basis­me­dien besteht) … Stich­wort »Medien­kompetenz«: »Neu« übt natür­lich eine Anzie­hung auf uns Men­schen aus, so sind wir Men­schen eben, gleich­sam kön­nen wir nach­den­ken: Was also im Mar­ke­ting sinn­voll erscheint, ist es nicht über­all … Und stets zu machen, was schon funk­tio­niert, führt meist nicht zu Innovationen.

Das Medium Digitalisierung

Ja, das ist sie: Die Dis­kus­sio­nen um und das Begriffs­ver­ständ­nisse von Digi­ta­li­sie­rung sind wie Medien, Räume, Spiel­fel­der usw. Stel­len wir uns ver­ein­fach noch ein­mal ein Medium wie eine Flüs­sig­keit vor — wie gesagt, ohne solch ein Bild zum Stan­dard zu machen. Jeden­falls befin­den wir uns in den ver­schie­de­nen Sphä­ren unse­res All­ta­ges mal mehr oder weni­ger in die­sen media­len bzw. digi­ta­len Milieus. Digi­ta­li­sie­rung als eine Art Petri­schale, als Viel­zahl sol­cher Gefäße: Darin und dadurch ent­steht etwas. Aber was »da drin« ist, bestimmt den Aus­gang eben­falls mit — also wir als Men­schen zum Bei­spiel, gesell­schaft­li­che oder kul­tu­relle Fak­to­ren, genauso Tech­ni­sches, Wirt­schaft­li­ches, die Umwelt etc. 

Ähn­lich wie oben für Medien beschrie­ben ist dann eher von einer netz­werk­ar­ti­gen Kon­stel­la­tion aus­zu­ge­hen: D.  h., es ist nicht immer von einer Abfolge zu spre­chen, son­dern von kom­ple­xen Pro­zes­sen, bei denen nicht immer ein Anfang und ein Ende bestimm­bar sind. Tech­nik macht etwas mög­lich, Bedürf­nisse erschaf­fen Tech­nik usw., Dinge wer­den umge­wid­met, zufäl­lig ent­steht etwas … Wie ein­lei­tend gesagt ist das nicht ganz neu bzw. nicht erst mit der Digi­ta­li­sie­rung so. 

Und natür­lich geht es bei Digi­ta­li­sie­rung regel­mä­ßig um digi­tale Medien oder Ver­fah­ren: Filme, Smart­phones, Audio­bü­cher, ja sogar Gedruck­tes wird im Pro­duk­ti­ons- oder Rezep­ti­ons­pro­zess regel­mä­ßig irgend­wann in Ein­sen und Nul­len zer­legt, ist in die­ser Form ver­ar­bei­tet, manch­mal der­art über­tra­gen wor­den. Wie eben­falls ein­lei­tend gesagt ist auch das nicht ganz neu bzw. Digi­ta­li­sie­rung teil­weise schon recht alt: Auf pro­fes­sio­nel­ler Ebene sind Teile tech­no­lo­gi­scher Digi­ta­li­sie­rung vor mehr als 30 Jah­ren voll­zo­gen wor­den — etwa in künst­le­risch- bzw. design-tech­ni­schen Bran­chen. Und natür­lich ist das alles wei­ter­hin im Fort­gang: Die beliebte Soft­ware Pho­to­shop hat sich rasant wei­ter­ent­wi­ckelt — soft­ware­ge­stütz­tes Mas­kie­ren etwa ist in den letz­ten 15 Jah­ren stark auto­ma­ti­siert wor­den, was die Arbeit von Pro­fis erleich­tert. Und die Soft­ware natür­lich auch im Semi-Pro oder Ama­teur-Bereich attrak­tiv macht. Unab­hän­gig von solch einer Prä­mi­um­soft­ware geschieht dies auch mit Soft­ware ähn­li­cher Funk­tio­nen über Apps auf leis­tungs­star­ken, nicht zuletzt mobi­len Endgeräten. 

Übri­gens ist dies ein zwie­späl­ti­ger Umstand: Gestal­tung wird einer­seits — posi­tiv bewert­bar — wei­ter zugäng­lich: Damit wird künst­le­ri­scher und indi­vi­du­el­ler Aus­gleich bzw. wer­den ent­spre­chende Aus­druck­for­men von immer mehr Men­schen rea­li­sier­bar bzw. für sie erreich­bar. Das hilft als Ven­til oder macht Spaß. Gleich­sam ver­brei­tet sich dabei eine gewisse Unpro­fes­sion in Form von Design-Bau­käs­ten sowie Vor­la­gen­sys­te­men. Ihnen fehlt es oft an einem kon­zep­tio­nel­len, auf den kon­kre­ten Sach­ver­halt bezo­ge­nen Fun­da­ment. Das nur am Rande. 

Digitalisierung ≈ alle bleibt, wie es ist! Oder ändert sich doch alles?

Kom­men wir kon­kret zur Digi­ta­li­sie­rung: Die Dis­kus­sion über Digi­ta­li­sie­rung bewegt sich zw. »Digi­ta­li­sie­rung als Heils­brin­ger« und »Digi­ta­li­sie­rung als Sün­den­bock«. Hier haben wir es also mit einem Gebrauch des Begrif­fes zu tun, der der oben ange­ris­se­nen Pro­jek­ti­ons­flä­che ähnelt. Digi­ta­li­sie­rung ist bzw. die Dis­kus­sion um sie ist eine Art Medium. Digi­ta­li­sie­rung wird somit zunächst als sol­che genutzt: »Die Digi­ta­li­sie­rung wird vie­les ver­än­dern!« »Mit Digi­ta­li­sie­rung ver­fällt alles!«

Wie immer bei Pro­jek­ti­ons­flä­che — neh­men wir mal die Über­tra­gung von Licht aus einem Bea­mer oder Pro­jek­tor auf eine Wand, eine Lein­wand — ist das dort Sicht­bare eine Art Illu­sion. Das macht es nicht pau­schal unreal — das dort Abge­bil­dete kann Rea­lem fol­gen, es kann sogar quasi betre­ten wer­den — als Ein­tau­chen oder Mit­fie­bern. Das nennt man Immersion. In die­sem Bei­spiel neh­men Dis­kus­si­ons­teil­neh­mer regel­mä­ßig die Posi­tion des Pro­jek­tors ein. 

Wor­auf die­ses Bei­spiel abzielt? Die Illu­sion bleibt ungreif­bar oder abs­trakt, ist eine ent­spre­chende Wunsch- oder Angst­vor­stel­lung. Abs­trak­tes ist nichts Schlech­tes — offen für Inter­pre­ta­tion kann die Abs­trak­tion gerade in künst­le­ri­schen Pro­jek­ten viel Kraft ent­fal­ten, zur Dis­kus­sion anre­gen. Aller­dings kann es auch pas­sie­ren, dass ein Begriff in gro­ßer Abs­trak­tion hohl wird, min­des­tens unver­stan­den bleibt. Und so wird Digi­ta­li­sie­rung ent­spre­chend den Bei­spie­len zu einem Sün­den­bock oder einem Lösungs­ver­spre­chen: »Pro­bleme? Digi­ta­li­sie­rung wird das ändern!« Aha, wie genau – das bleibt bei sol­chen Hül­sen natür­lich aus­ge­klam­mert. Und den­noch kann so eine Form von kurz­zei­ti­ger Beru­hi­gung erreicht wer­den … Das mag, wie oben bereits gese­hen, für den Moment gut sein, aber dadurch — durch die­ses Nicht-Aus­ein­an­der­set­zen — wer­den tat­säch­li­che Ver­än­de­run­gen eher unvor­be­rei­tet »ein­bre­chend« und damit als gewal­ti­ger wahr­ge­nom­men, als sie sind. 

Digi­ta­li­sie­rung bewegt sich in einem Span­nungs­feld, wel­ches von zwei Grö­ßen bestimmt wird: »Alles ändert sich« und »Alles bleibt wie es ist«. Was heißt das? Neh­men wir das Bei­spiel schu­li­schen Unter­richts via Tablett, sagen wir mit dem Thema »Goe­thes Faust«: Das Tablett als Buch und Heft benutzt ver­än­dert zunächst nicht wirk­lich etwas Gra­vie­ren­des — das Buch wird als digi­ta­ler Text basie­rend auf dem Ori­gi­nal von Goe­the gele­sen: Mehr oder weni­ger, Sie alle ken­nen das. Haus­auf­gabe wer­den dazu geschrie­ben — auf der ein­ge­blen­de­ten Tas­ta­tur oder ggf. einer hab­tisch-rea­len. Das ist in vie­ler­lei Hin­sicht wie vor 100 Jah­ren. Und das muss nicht unbe­dingt schlecht sein – denn so wird sich sicher­lich ganz solide mit dem Werk des Dich­ters auseinandergesetzt. 

Wir kön­nen und wol­len hier nicht über die Rele­vanz oder Nicht-Rele­vanz von Faust debat­tie­ren. Auch die Trans­fer­leis­tung erreicht durch die Faust-Behand­lung ist schwer abzu­wä­gen — also, ob man aus den The­men des Wer­kes etwas für’s Leben ler­nen kann, aus der Dra­ma­tur­gie etwas für Medien- oder die Welt­kompetenz ablei­ten kann (im Sinne von: die Welt und die dort oft zu fin­dende Akt­struk­tur bes­ser ver­ste­hen). Dar­auf ist spä­ter noch zurück­zu­kom­men. Was aber dis­ku­tiert wer­den muss, ist, ob im skiz­zier­ten Sze­na­rio Tablett etc. wirk­lich nötig sind? Wäre es nicht zumin­dest in Tei­len, als Lehr­ein­heit, wei­ter­hin sinn­voll, das Schrei­ben per Stift auch mal zu trai­nie­ren? Und soll­ten gleich­zei­tig bzw. vor allem digi­tale Medien nicht viel­leicht bes­ser ihren Eigen­ar­ten ent­spre­chend genutzt werden?

Letz­te­res soll hei­ßen, es bedarf zum Bei­spiel einer medi­en­ge­rech­ten Aus­gabe von Faust. Nicht ein­fach digi­ta­ler Text, son­dern ein inter­ak­ti­ver Band, in wel­chem sich zum Bei­spiel ad hoc, in der kon­kre­ten Zeile, bezo­gen auf die kon­krete Zeile Anmer­kun­gen ein­blen­den lie­ßen, viel­leicht sogar Kom­men­tare wis­sen­schaft­li­cher Natur. Statt wie frü­her zu Blät­tern, aus dem (immersi­ven Lese-) Flow zu gera­ten. Nach jedem Abschnitt bzw. jeder Szene könnte es — natür­lich nicht nur im digi­ta­len Buch selbst, son­dern auch auf einer Lern­platt­form, betreut durch Leh­rende bzw. Dozierende — inter­ak­tive Ein­hei­ten geben, um das Wis­sen abzu­prü­fen bzw. wich­ti­ger, es zu fes­ti­gen. Nach dem didak­tisch sinn­vol­len Mul­ti­me­dia­prin­zip könn­ten diese Auf­ga­ben auf diver­sen Ebe­nen die Sinne anspre­chen und damit Wis­sen bes­ser fes­ti­gen und die Moti­va­tion der Schü­ler­schaft auf­recht­erhal­ten. Genauso kön­nen Tabletts etc. — soweit jeder Schü­ler dar­über ver­fügt — dazu die­nen, den digi­ta­len Mög­lich­kei­ten ent­spre­chende Arbei­ten zu rea­li­sie­ren: Die Schü­ler erschaf­fen ein gemein­sa­mes Wiki, sie erstel­len Bil­der und Videos, in denen sie Erkennt­nisse oder Text­teile inter­pre­tie­ren oder aus­drü­cken. Das erstellte Wis­sen kann final in ein gemein­sa­mes Doku­ment über­tra­gen wer­den, um über das Schul­jahr hin­aus abruf­bar zu sein. 

Die klas­si­sche text­li­che Aus­ein­an­der­set­zung — ob nun via klas­si­scher oder digi­ta­ler Medien — mit Faust ist damit nicht schlecht oder abzu­stel­len, son­dern eben (bezüg­lich ande­rer Kom­pe­ten­zen (Schrei­ben per ana­lo­gen Stift, sich rein text­lich aus­drü­cken)) ein mög­li­ches Poten­tial von Lehre. Mit (digi­ta­len) Medien wer­den die Mög­lich­kei­ten schlicht größer. 

Das kann Trans­fer­leis­tun­gen, gar Inter­dis­zi­pli­na­ri­tä­ten begüns­ti­gen. Es ist — dazu spä­ter mehr — die Über­zeu­gung des Autors die­ses Tex­tes, dass die heu­tige Zeit mehr denn je über­grei­fende Grund­fä­hig­kei­ten aller­seits erfor­dert. Und dies kann über den beschrie­be­nen Sach­ver­halt hin­aus idea­ler­weise in einem geson­der­ten Fach gelin­gen, im Fach »Kom­mu­ni­ka­tion«. Denn um das oben Genannte zu errei­chen und zu nut­zen, müs­sen Leh­rende und Schü­ler­schaft ganz gene­rell im Medi­en­ver­ständ­nis und damit auch in Sachen Digi­ta­li­sie­rung geschult wer­den. Auch wenn der Glaube ver­brei­tet ist, Medien bzw. Digi­ta­li­sie­rung sei wie das Atmen: Jeder könne es. Die Erfah­rung lehrt ande­res: Es braucht Pro­fis, die diese Fähig­kei­ten an die Pro­fis des Unter­rich­tens vermitteln.

Natür­lich erfolgte die erste Beschrei­bung von »Tablet vs. Buch« eher ver­kürzt. Ver­meint­lich mag sich nichts ändern, in Nuan­cen durch­aus: Das Buch erlaubt Esels­oh­ren, benö­tigt kein Strom, bekommt eine Patina, die von Gebrauch oder belieb­ten Stel­len kün­det — das kann etwas Ver­trau­tes her­vor­ru­fen, etwas Nost­al­gi­sches. Die Print­form hat also eine bestimm­tes Rezep­ti­ons­er­le­bens oder kann eine bestimmte Erfah­rung begüns­ti­gen. Das Tablet nun ist oft künst­lich anmu­tend, selbst als E‑Book-Rea­der schwer (wobei sich Der­ar­ti­ges mit digi­ta­len Papier­for­men wohl als­bald auch aus­glei­chen wird). Es braucht Strom, die Fest­platte macht ein­zelne Bücher kurz­wei­li­ger — in Sinne lösch­ba­rer Daten­sätze. Dann bleibt das Buch dort theo­re­tisch rela­tiv unver­schlis­sen erhal­ten, dann las­sen sich Dinge dort bes­ser fin­den — Such­funk­tio­nen usw. Hier geht es also nicht um gut oder schlecht, son­dern ein­fach um unter­schied­li­che Eigenarten.

Hier zeigt sich etwa, das mit »vir­tu­ell« mehr oder min­der digi­ta­les bes­ser beschrie­ben wer­den kann: Goe­the zu rezi­pie­ren ist — wenn das Werk einem gefällt, wenn man sich dar­auf ein­lässt — wie ein Ein­tau­chen (≈ Immersion) in einem mehr oder min­der vir­tu­el­len Raum. Vir­tu­ell meint letz­lich etwas nur bedingt Greif­ba­res, etwas, das nicht so ganz real ist: Das Gespräch über ein Tele­fon — man bedin­fdet sich in zwei Räu­men und dann in einem vir­tu­el­len Mit­ein­an­ders zum Bei­spiel etwa­ige Erin­ne­run­gen betref­fend. In einem Spiel sind wir in einer Welt vir­tu­el­ler und dabei gra­fi­scher Natur. Einer Welt, die sogar von meh­re­ren Men­schen betre­ten wer­den kann. Die Fans einer Band tei­len eine vir­tu­elle, teil­weise reale und fik­tive Wel­ten über­grei­fen­der Räume — Fan­dom ist ihnen gemein: als Ansicht, als Tref­fen. Das Betre­ten eines Buches ist das Ein­tau­chen in einem vir­tu­el­len Raum, der einer­seits auf den Vor­ga­ben der Autoren basiert und ande­rer­seits durch jeden Lesen­den indi­vi­du­ell ko-kre­iert wird usw. 

Wir haben es also oft, wenn von digi­tal gespro­chen wird, mit Vir­tu­el­lem zu tun — zw. rea­lem Raum und ima­gi­nier­ten, zw. real und fik­tiv . Ins­ge­samt alles For­men von Mixed Rea­lity. Und inner­halb die­ser medi­en­ar­ti­gen Räume: Media­les, das sich tech­nisch ver­än­dert, bzw. die Räume selbst haben sich ver­än­dert. Und damit zwei­fel­los auch die Art und Weise — obschon Grund­le­gen­des den­noch im Kern »nur« vari­iert wird. Digi­tal ist also natür­lich kein gänz­lich belang­lo­ser Begriff, aber er über­la­gert Wesent­li­ches: Frühe For­men der Bild­te­le­fo­nie gab es bereits seit den 1930er Jahren …

Ins­ge­samt lie­ßen sich hier viele wei­tere Bei­spiele anfüh­ren: So bringt es nichts, die Ver­wal­tung auf Com­pu­ter umzu­stel­len, wenn die Mit­arbeitenden nicht tip­pen ler­nen. Zum Bei­spiel eine Park­remp­ler meh­rere Stun­den braucht, weil das Pro­to­koll der­art lange benö­tigt, um ver­schrift­licht zu wer­den. Da wird auch die Umstel­lung auf Flach­bild­schirme nicht unbe­dingt etwas ver­än­dern. Wir könn­ten noch all­ge­mei­ner her­an­ge­hen: Was nutzt Digi­ta­li­sie­rung, wenn das Büro in der Behörde wie ein pri­va­tes Wohn­zim­mer aus­sieht, dem Besu­chen­den kei­ner­lei Höf­lich­keit ent­ge­gen­ge­bracht oder ein Sitz­platz ange­bo­ten wird? Man ohne­hin immer vor Ort erschei­nen muss?

Digitalisierung als Spiegel? Bitte nicht in Gänze …

Ver­schie­dene Medien erfor­dern unter­schied­li­che Fähig­kei­ten, sie bie­ten unter­schied­li­che Erleb­nisse und Erkennt­nisse — und damit auch die diver­sen digi­ta­len For­men. Viel all­ge­mei­ner zeigt sich hier ein Pro­blem, wel­ches auf einem oben für Medien bereits skiz­zier­ten Merk­mal basiert: Medien, oder wir könn­ten gleich sagen, Digi­ta­li­sie­rung ist Spie­gel der Welt und gleich­sam auf die Welt ein­fluss­neh­mende Größe. Inso­fern ist die Digi­ta­li­sie­rung und sogar die ent­spre­chende Debatte ein Spie­gel der Welt: Digi­ta­li­sie­rung ist irgend­was zw. Sün­den­bock und Heils­brin­ger (siehe oben) anzusiedeln. 

Aber lei­der auch in einem weni­ger phi­lo­so­phisch-anschau­li­chen Ver­ständ­nis: Vie­les von Digi­ta­li­sie­rung — gerade im Zuge der Corona-Krise — ten­diert wirk­lich zu einer Spie­ge­lung: Die reale Welt wird in eine digi­tale über­tra­gen: Das zeigt etwa die Home-Office-Debatte. Der Arbeits­all­tag soll in die hei­mi­schen vier Wände ver­la­gert wer­den, bis­wei­len also soll das eine durch das andere ersetzt werden. 

Was in die­ser Debatte natür­lich — medien- oder digi­ta­li­sie­rungs-spe­zi­fisch — über­se­hen wird, ist, dass das Home-Office nur in bestimm­ten Beru­fen durch­ge­hend funk­tio­niert — wohl ins­be­son­dere in Ver­wal­tungs­an­ge­le­gen­hei­ten. Über­se­hen wird dabei, dass sich hier eine Vor­stufe sozia­ler bzw. wirt­schaft­li­cher Umbrü­che im Zuge der Digi­ta­li­sie­rung ankün­digt, sich diese ggf. durch das Home-Office nur kurz­zei­tig ver­zö­gert (Erspar­nis von Büro­flä­chen) oder umgekhrt sogar beschleu­nigt (wiel bereits jetzt die Effi­zi­enz über­deut­lich wird): Soft­ware-Lösun­gen wer­den viele Ver­wal­tungs­auf­ga­ben als­bald über­neh­men — bereits jetzt, das kennt jeder, der Ban­king bzw. Über­wei­sun­gen durch abfo­to­gra­fierte Rech­nun­gen betreibt, kön­nen Pro­gramme mit zahl­rei­chen Doku­men­ten zurechtkommen. 

Ver­ein­zelte Aus­sa­gen, dass sich die Pro­duk­ti­vi­tät in der Heim­ar­beit stei­gert, sind mit Vor­sicht zu genie­ßen: Klar, das kann klap­pen, denn oft wird die Arbeits­at­mo­sphäre im Büro, manch­mal auch durch eine tra­di­tio­nell-unhin­ter­fragte Steif­heit am Arbeits­platz, nicht unbe­dingt geför­dert. Oder umge­kehrt durch zu viele Ablen­kun­gen gestört — es kann eben nicht jeder sein idea­les Sze­na­rio zum opti­ma­len Arbei­ten im Büro finden. 

Aller­dings ist die Test­phase des Home-Office im Zuge von Corona wenig aus­sa­ge­kräf­tig — weil sie den Cha­rak­ter einer Aus­nahme mit sich trug/trägt. Und die­ses Wis­sen im Hin­ter­kopf auch auf die Arbeits­at­mo­sphäre Ein­fluss genom­men hat. Dann stellt die Länge die­ses »Tests« noch keine solide Basis dar, um dar­aus Aus­sage abzu­lei­ten. Aus Erfah­rung des Autors die­ses Blog­bei­trags — in Bezug auf seine Dok­tor­ar­beit — ist das lang­fris­tige Arbei­ten aus den eige­nen vier Wän­den her­aus oft sehr anstren­gend: Weil man die eigene Räume kaum ver­lässt und die für die eigene Gesund­heit, min­des­tens die für das eigene Wohl­be­fin­den wich­tige Tren­nung von Arbeit und übri­gen Leben ste­tig unter­wan­dert. Hier gibt es zwei­fels­los For­schungs­be­darf. Diese Bemer­kung muss damit als Anmer­kung ste­hen gelas­sen werden.

Sehr wahr­schein­lich ist es aber aus der Erfah­rung des Autors die­ses Blogs her­aus ein Irr­tum, zu glau­ben, dass die Video­kon­fe­renz ein rea­les Zusam­men­kom­men erset­zen kann. Auch dies­be­züg­lich wer­den in den aktu­el­len Debat­ten zw. Medi­en­for­men allzu oft keine Unter­schiede gemacht. »Wel­che Medien?«, fra­gen Sie? Das Medium »rea­ler Kon­fe­renz­raum« oder »krea­tive Mee­tings« gegen­über »Video­kon­fe­ren­zen« via Skype, Zoom, Face­time, Cisco Webex, Micro­soft Teams etc. Klar, oft han­delt es sich nicht mehr um ein­fa­che Video­te­le­fo­nie, son­dern Slides und Daten kön­nen gemein­sam betrach­tet und ad hoc geteilt wer­den, ein Chat läuft par­al­lel etc. 

Aber Metho­den wie »Design Thin­king« etc. leh­ren, krea­ti­ver Aus­tausch ent­steht durch viel mehr als den Kopf des Gegen­übers zu sehen oder deren/dessen Stimme zu hören. Beden­ken Sie, bis zu 80% von Kom­mu­ni­ka­tion sind non­ver­bal. Zwar wer­den via Video­schalte — je nach Band­breite und die ist bekannt­lich nicht immer gut (Da muss tat­säch­lich direkt was in Sachen »Digi­ta­li­sie­rung« gesche­hen) — Gesich­ter und Kör­per erkenn­bar, aber nur sehr aus­schnitt­haft. Erfah­rungs­ge­mäß taugt die Kon­fe­renz­schalte daher nur sehr bedingt für krea­tive Pro­zesse. Bes­ser funk­tio­niert sie für Abstim­mun­gen, wenn Para­me­ter bereits geklärt sind, es um »Wei­te­res« geht. Wobei die Grenze zur Tele­fon­kon­fe­renz aller­dings als­bald berührt wird. Übri­gens: »Krea­tiv« meint hier nicht nur Kunst, Design oder Wer­be­agen­tur, son­dern Pro­dukt­ent­wick­lung, Kun­den­be­treu­ung, Pro­jekt­ma­nage­ment, Employer Bran­ding, gar all­ge­mei­ner: Pro­blem­lö­sun­gen usw.

Alles in allem: Wenn auch (digi­tale) Medien wie alle Medien ein Spie­gel der Welt sind und in die­sem Fall Aus­kunft über den Stand von Medien‑, Digi­tal­kom­pe­tenz und sozia­lem Mit­ein­an­der lie­fern: Sie soll­ten nicht wie ein Kopie­rer genutzt wer­den: Nicht ein­fach die reale Welt in die digi­tale übertragen!

Erst­mal gelingt dies ohne­hin nur in Tei­len, weil das Medium wie hier mehr­fach gezeigt natür­lich immer das »Trans­por­tierte« beein­flusst. Ander­seits sollte es nicht gesche­hen, weil es schlicht unsin­nig ist. Es ist näm­lich eine Frage der Ver­ant­wor­tung: Wenn man schon eine ganze Welt, Wel­ten in digi­ta­ler, bis­wei­len vir­tu­el­ler Form schafft, dann doch bitte, ohne die Feh­ler der rea­len Welt alle samt zu wie­der­ho­len, oder?

Das Fach »Kommunikation« — für mehr Digitalkompetenz

Bevor Digi­ta­li­sie­rung ohne not­wen­di­ges Wis­sen, ohne ent­spre­chende Fähig­kei­ten wei­ter vor­an­schrei­tet, bedarf es der Gegen­maß­nah­men. Warum? Kom­mu­ni­ka­tion und Medien präg­ten immer schon die Welt — wie gese­hen, ohne Kom­mu­ni­ka­tion geht nichts. Auch nicht das Lesen die­ses Tex­tes, denn dafür musste das Lesen erst­mal erler­net wer­den, in einer Serie von Lehr­ein­hei­ten zum Bei­spiel. Dann weil Kom­mu­ni­ka­tion neben Medien und Digi­ta­li­sie­rung viele wei­tere Dinge umfasst bzw. ein­schließt: Kom­mu­ni­ka­tion ist ein Wert­trei­ber — den­ken Sie an das Unter­neh­men mit dem ange­bis­se­nen Apfel: Es ver­kauft nicht die bes­ten Com­pu­ter, aber ein Lebens­ge­fühl zwi­schen Her­aus­ste­chen und idea­ler Usa­bi­lity etc. Digi­ta­li­sie­rung ist ein Wert­trei­ber — effi­zi­ente Pla­nung, Kom­mu­ni­ka­tion auf div. Ebe­nen etc. Und nicht zuletzt ist Geld ein Medium, wel­ches nicht erst seit der Corona-Krise immer digi­ta­ler wird (≈ Kar­ten­zah­lung). Kom­mu­ni­ka­tion als Design und Kunst — auch in digi­ta­ler Form, mit­hilfe digi­ta­ler Tech­nik rea­li­siert — kann (hoch-)kulturelle Rele­vanz ent­fal­ten. Gleich­sam wird auch digi­tal Erstell­tes von digi­tal-unab­hän­gi­ger Dra­ma­tur­gie durchzogen. 

Inso­fern haben alte Dra­men viel mit unse­rem All­tag zu tun — nicht zuletzt, weil sich sin­gu­läre als auch seri­elle Nar­ra­tive über Medien wie TV-Serien und Bücher hin­aus bei­spiels­weise im mitt­ler­weile stan­dar­di­sier­ten Ein­kauf im Super­markt beob­ach­ten las­sen: Fran­chi­ses, die mit ihrer ket­ten­spe­zi­fi­schen »Erzäh­lung« u. a. im Cor­po­rate Design aller­seits eine Ver­läss­lich­keit bzw. eine den kom­mer­zi­el­len Erfolg begüns­ti­gende Zugäng­lich­keit errei­chen wol­len; die »Geschichte« vom selbst­stän­di­gen Ein­räu­men der Ware in den Wagen, dem Gehen zur Kasse; die dor­tige invi­ta­tio ad offe­ren­dum ≈ nicht der Super­markt gibt ein Ange­bot ab, son­dern wir, wenn wir an der Kasse zum Kauf wil­lig sind … Neben der Not­wen­dig­keit, wirt­schaft­li­che Facet­ten und nar­ra­tive Struk­tu­ren der rea­len Welt zu erkun­den, gilt es, gerade im digi­ta­len Zeit­al­ter, hin­ter die Kulis­sen zu schauen, also auch etwas über Infor­ma­tik zu erfahren. 

Alles in allem soll das Fach »Kom­mu­ni­ka­tion« zusam­men­brin­gen, was zusam­men­ge­hört: Trans­fer­leis­tun­gen sind quasi Ziel jedes schu­li­schen Faches — das an Bei­spie­len erläu­terte Wis­sen und ent­spre­chende Fähig­kei­ten sol­len von den Unter­rich­te­ten spä­ter mal auf andere Dinge ange­wandt wer­den. Das Pro­blem dabei: Oft sind kon­krete Bei­spiele zu spe­zi­fisch, sodass man nur schwer erken­nen kann, wie sie auf andere Sach­ver­halte anzu­wen­den sind. 

Das Fach »Kom­mu­ni­ka­tion« ver­bin­det Wis­sen aus solch ein­zel­nen Fel­dern: Die Dra­ma­tur­gie aus dem Deutsch­un­ter­richt, Inter­pre­ta­tio­nen fil­mi­scher Werke oder Serien im Fach Kunst, die Erkennt­nisse um das duale Rund­funk­sys­tem und wirt­schaft­li­che Grund­kennt­nisse sor­gen dafür, dass man zum Bei­spiel erken­nen könnte, wie sehr etwa auf Twit­ter seri­elle Cliff­han­ger genutzt wer­den: Damit wir alle» dran blei­ben«, damit bedau­er­li­cher­weise selbst gemä­ßigte Kräfte popu­lis­ti­sche Aus­sa­gen verbreiten. 

Mit die­ser Auf­klä­rung könn­ten ent­spre­chende Ket­ten durch­bro­chen, zumin­dest ver­stan­den wer­den. Inso­fern ist ein sol­ches Fach auch für ein Mit­ein­an­der, ein demo­kra­ti­sches Zusam­men­le­ben hilf­reich, weil Zusam­men­hänge in ihrer Kom­ple­xi­tät bes­ser ein­zu­schät­zen wären. Min­des­tens kann hin­sicht­lich Digi­tal- oder Medien­kompetenz erreicht wer­den, dass wir mal das Handy weg­le­gen, wenn wir mit Kin­dern unter­wegs sind, alle Medien mal aus­pro­bie­ren, bevor wir sagen, »Lies lie­ber mal ein Buch!«, dass wir Fake News bes­ser erken­nen und selbst­stän­dig Sach­ver­halte anhand seriö­ser Quel­len über­prü­fen … Dazu gehört auch eine umfas­sende poli­ti­sche Kom­mu­ni­ka­tion: Sach­ver­halte wer­den einereits kom­ple­xer, ander­seits wird ihre Kom­ple­xi­tät den Men­schen offen­ba­rer (eben durch die vie­len Medien, da es nicht mehr eine Selek­tion von Nach­rich­ten wie einst durch wenige Kanäle auto­ma­tisch bedingt gibt). Gerade die Corona-Krise zeigt, dass es oft bes­ser und not­wen­dig ist, Sach­ver­halte durch­aus umfas­sen­der zu erklä­ren und auf­zu­be­rei­ten: Damit würde viel­leicht auch der Mund-und-Nasen-Schutz nicht so oft hin­ter­fragt —etwa indem man deut­li­cher (und nicht nur sit­zend und ver­bal auf der Bun­des­pres­se­kon­fe­renz) zeigt, was erreicht wird und wie tat­sächöich gefähr­lich Corona ist. Das Fach wäre ein Gewinn für alle Berufs­fel­der, für Alt und Jung glei­cher­ma­ßen. Bis es aber soweit ist, ist Eigen­in­itia­tive gefragt. Hahn Logo Textende

Texte aus der Feder von …

Dr. Sönke Hahn

Erfahrungsschatz: Über 10 Jahre als ausgezeichneter Filmemacher und Designer — u. a. prämiert mit »Red Dot«, »iF Design Award« und »German Design Award«

Hintergrundwissen: interdisziplinäre Doktorarbeit an der Bauhaus-Universität Weimar, wissenschaftliche Vorträge und Publikationen im Feld Kommunikation und Medien

kommunikation können. ist mein Antrieb und Motto. Es meint, Sie in Sachen Kom. und Medien unterstützen. Sie können mich zum Beispiel mit der Realisation Ihrer Kommunikation beauftragen. Besser noch: Sie stärken Ihre Fähigkeiten in Sachen Sachen Kom. und Medien — mit meinen Fortbildungen: 

Dr. Sönke Hahn, KOMMUNIKATION